Entdeckerreise 2007: Auf den Spuren Marco Polos

Bericht 9: Turkmenistan



23.05.07 bis

Nach Ashgabat(TUK)

26.05.07

Merv (TUK)


Nach Ashgabat, 23.05.07 (TUK)

Wieder einmal ging es zu einer Grenze, doch erst einmal wartete das Grenzgebirge nach Turkmenistan auf uns. Als wir die Hauptstraße nach Mashad verlassen hatten, die sehr befahren war, da ein reger Busverkehr zu dieser heiligen Stadt der Schiiten gekoppelt mit dem Warenverkehr herrschte, waren wir mit wenigen LKWs auf einer kleinen Straße hinauf in die Berge allein. 180 km ging es in Serpentinen durch eine wunderschöne wilde Bergwelt, die immer karger wurde, waren zu Beginn noch ein wenig Grün und Tiefdunkle Kornblumen, die mich an Griechenland erinnerten, übernahmen bald die Felsen das Bild. Drei Pässe von ca. 1.900 m galt es zu überwinden, wobei manche recht gut am Qualmen waren, ehe wir um 10:30 Uhr an der iranischen Grenze standen. Während wir im m Auto saßen, absolvierte Heinrich in 3 Stunden mit unseren Papieren sein erstes Marathonprogramm dieses Tages, so daß wir um 13:30 nach einer letzten Paßkontrolle vor der turkmenischen Grenze standen.

Wieder verschwand Heinrich mit unseren Papieren in den dieses Mal turkmenischen Gebäuden. Wir warteten und warteten. Irgendwann mußten alle aussteigen und in das Gebäude gehen. Dort unterschieben wir den Erhalt unseres Visums und wurden nacheinander von einer weiß bekittelten Dame in ein Zimmer gerufen. Sie schrieb unseren Namen in ein Buch, fragte: "krank?", wir mußten den Mund öffnen, sie schaute hinein, dann bekamen wir ein kleines Zettelchen, auf das sie einen Stempel machte, Datum dazuschrieb, das war die Untersuchung.
Dann fing das große Warten an. Irgendwann wurden wir den Grenzern wohl zu laut. Sie schickten die Frauen auf die andere Seit des Gebäudes, die Männer zu den Autos. Weiter warten. Ein Mann kam und hielt eine Gartenunkrautspritze in die Radkästen, die er kaum benetzte. Das war die Desinfektion. Weiter warten. Um 16:30 Uhr iranischer Zeit (18:00 Uhr turkmenischer Zeit) wurden die meisten Grenzer von einem Bus abgeholt, nachdem das Tor zum Iran verriegelt worden war. Wir warteten. Inzwischen froren die Frauen auf de anderen Seite des Gebäudes, die man einfach ausgesperrt hatte, so daß sie einen kleinen Aufstand machten und zu uns zurück kamen. Wir warteten. Endlich kamen ein paar Zöllner mit den Carnet des Passages, schrieben Autonummer und -marke, Passnummer des Fahrers auf ein neues Formular, ließen den Fahrer das unterschreiben, warfen einen kurzen Blick in das Auto (aber nur bei Manchen), wir waren fertig. Um 17:50, nach 4,5 Stunden und 127 $ für verschiedene Abgaben konnten wir fahren. Von 1.600 m ging es nun begrab nach Turkmenistan hinein. Die letzte Abendsonne vergoldete bizarre Felsen hinter sanft gerundeten grünen Kuppen. Eine Landschaft, die zum Bleiben einlud, wären da nicht die Wachtürme, die zeigten, daß wir noch nicht durch sind. Und richtig, eine letzte Grenzkontrolle, Prüfung der Pässe, Autonummer aufschreiben, dann endlich war es so weit. Inzwischen war eine weitere Stunde vergangen.

Es ging immer weiter bergab. Im letzten Abenddunst sahen unter in der Ebene schon die Lichter von Ashgabat blinken. Die schmale serpentinereiche Bergstraße ging ohne Vorwarnung über in eine sechsspurige Straße mit Mittelstreifen. Nach etlichen Kilometern tauchten angestrahlte Prachtbauten auf, ein riesiger illuminierter Torbogen quer über die Straße sollte wohl den Beginn von Ashgabat andeuten, doch kilometerweit nur angestrahlte Luxustürme und beleuchtete Springbrunnen. Dagegen ist alles, was ich an der türkischen Riviera, Mallorca, den Canaren oder sonst wo gesehen habe, ein Hüttendorf!

Wir wurden noch einmal von der Polizei gestoppt, einiges Reden war notwendig, ehe wir weiterfahren durften. Unser Stellplatz befindet sich hinter einem Hotel auf dem Parkplatz, wo sich schon ein rollender Sargbus von Rotel befindet.

Schadenstatistik (kumuliert):
was Ort Folgen
1 Reifen Teheran  
1 Abdrängen an die Leitplanke Ausfahrt aus Teheran Kuhfänger verbogen, dicke Schramme an der Seite
Nicht bemerkt Ausfahrt aus Teheran Dicke Schramme an der Seite
1 Reifen Ashgabat  

Ashgabat, 24.05.07 (TUK)

Besichtigung des Größenwahns - so könnte man den heutigen Tag überschreiben.

Was der Turkmenbashi für ´zig Milliarden in die Prachtbauten verschwendet hat - es ist unglaublich! Die erst 2006 kurz vor seinem Tode fertiggestellte größte Moschee Asiens, die seinen Namen und in der keine Koransuren sondern Sprüche aus seinem heiligen Buch verewigt sind, in der 20.000 Menschen Platz finden, ähnelt mehr einem Theater als einer Moschee. Kein Stein, der nicht Marmor oder polierter Granit ist. Golden die Kuppeln. Marmor gibt es hier nicht, er muß aus Europa importiert werden. Der "billigere" Marmor für andere überflüssige Hotelbauten kommt aus dem Iran der der Türkei. Das Land braucht die Hotels nicht, sie stehen fast vollständig leer, ebenso wie die Prachthäuser, die sich keiner leisten kann, weil 1 Zimmer Appartement 30.000 Euro kostet und ein gut verdienender Tourismusexperte aber nur 100 Euro durchschnittlich monatlich verdient.

Wenn hier von dem Turkmenbaschy gesprochen wird, wird er als "er" oder "Großer" tituliert. Turkmenien ist ein Wüstenstaat, in dem Wasser eine Kostbarkeit ist, hier in Aschgabat wird es in unzähligen Springbrunnen verschwendet. Diese sinnlose Verschwendung und Protzerei stößt uns ab und es fällt uns schwer, auch nur einen Springbrunnen schön zu finden, geschweige denn einen der Paläste.

Aber die Menschen, welch Farbenvielfalt und welcher Stolz! Die Frauen tragen lange luftige Baumwollkleider in vielerlei Farben und Mustern. Man ließ uns eine Stunde auf den Tolkutscha-Basar, der im Volksmund "Drängler"-Mark heißt, weil es so voll ist, daß man nur drängelnd vorwärts kommt. Dieser Markt befindet sich in der Wüste, wo wir uns nicht satt sehen konnten an den Farben der Waren und den Frauen. Es ist zum Schwärmen, besonders nach dem Iran mit seinen schwarzen Fledermäusen, wo ein braunes Blitzen unterm schwarzen Umhang schon als farbenfroh begrüßt wurde.

Wir haben 40°C im Schatten und 35% Luftfeuchtigkeit, der Bus verfrachtet uns eine Stunde über Land in ein drittklassiges Landlokal, wo wir Fisch essen konnten. Warum wir zu diesem Lokal so weit draußen fahren und Fahrzeit verplempern mußten, die wir besser auf dem Basar hätten verbringen können, ist schleierhaft. Vielleicht ein Onkel des turkmenischen Reiseleiters? Aber das Bier eiskalt vom Faß nach einer Woche Malzbier war gut!

Die Reiseführer unterscheiden sich nicht viel, wenn es darum geht, Sehenswürdigkeiten in Ashgabat zu beschreiben. Es werden einige Theater beschrieben, die aber auch nicht anders sind als die anderen Monstrositäten des "Großen", einzig der Tolkutscha-Basar war beschrieben und sehenswert! Nur der Lonely Planet ließ sich vorsichtig über den "Großen" aus: "Nijazov präsentiert sich selbst als die Verkörperung der turkmenischen Nation: "wenn du Turkmenbashi nicht liebst, wie kannst dann die turkmenische Nation lieben?"

Am Abend fuhren wir zum Essen in ein kleines ländliches Restaurant mit schönem Innengarten. Zur Abrundung des sehr guten Essens erfreute uns eine Folklore-Gruppe mit traditionellen Tänzen und Gesängen. Zusammen mit den Erklärungen von Alexander, unserem turkmenischen Guide war s schöne Einführung in die turkmenische Musik. Besonders faszinierte mich das einem Taubengurren ähnliche Gillern in Sekundenschritten abwärts. Das schaffe ich nicht einmal annähernd!

Nach Mary, 25.05.07 (TUK)

Bei der Ausfahrt aus Ashgabat folgten wir den Hinweisen nach Mary (sprich: Marih), doch die Straße hörte ohne Vorwarnung auf - Baustelle. So mußten wir wieder in die Stadt und die alte Ausfahrt nehmen, die nicht beschildert war. Gut, daß wir einen Guide hatten.
So weit scheint der "Große" wohl nicht gekommen zu sein, denn die Straße war in einem desolaten Zustand. Haben die LKWs keine tiefen Spurrinnen hinterlassen, machten tiefe Schlaglöcher Slalomfahren notwendig. Vor sich hinzu dösen war unmöglich, permanente Aufmerksamkeit gefragt.

Auf den wiesenähnlichen Grünflächen tauchten die ersten Dromedare auf, auf hektargroßen Feldern hackten einzelne Menschen mit kurzen Handhacken Unkraut, an den Straßenrändern waren immer wieder kleine Gruppen dabei, mit Sicheln oder Schaufeln den Bewuchs zu kürzen. Zum Teil hatten nicht nur Frauen ihre Köpfe total vermummt, nur ein kleiner Sehschlitz war frei. Wir lernten, daß das nichts mit Religion zu tun hat, sondern daß es schön ist, nicht zu braun sein.

Viele Autos begegneten uns nicht. Deshalb mußten wir auch an der Tankstelle nicht lange warten, bis tanken konnten. Der offizielle Umtauschkurs beträgt für 1 Euro = 6500 Manat, auf dem Schwarzmarkt bekamen wir 32.500 Manat, so daß 1 Liter Diesel für uns 1 Cent kostete!

Wir kreuzen einige Male den Karakum-Kanal, der über 1.400 km vom Amu-Darja quer durch die südliche Karakum-Wüste, die wir gerade durchqueren, über Ashgabat bis zum kaspischen Meer führt. So positiv dieser Kanal für die Region ist, darf man dabei nicht übersehen, ein Grund für die dramatische Austrocknung des Aral-Sees die ständig zunehmende Wasserentnahme aus dem Amu-Darja ist.

Mary wird im Reiseführer mit einem Nebensatz abgehakt: "eine moderne Stadt am Fluß Murgab in einer Oase der Karakum mit 123.00 Einwohnern." Modern bedeutet, daß wir ein Stadt sowjetischer Prägung vorfanden, mit Bauten, an denen der Zahn der Zeit gewaltig knabberte.

Wieder hatten wir einen Stellplatz direkt am Hotel, aber dieser Platz verdient 5 Sterne, zeichnete er sich doch durch einen Swimmingpool aus, an dem es zudem ein herrlich kühles frischgezapftes Baltika-Bier gab!

Merv ,26.05.07 (TUK)

Der Tag begann mit einem Ständchen zu meinem Geburtstag, dann ging es mit dem Bus zu den 30 km entfernten Ruinen von Merv.

Merv war einst wichtiger Warenumschlagsplatz an der großen Seidenstraße. Siedlungen lassen sich bis ins 6. Jahrhundert BC zurückverfolgen, als Margiane wurde Merv bei den Achämeniden im 4./3. Jahrhundert BC erwähnt. Im 11./12. Jahrhundert war Merv die Hauptstadt des Seldschukenreiches und neben Bagdad die größte Stadt des Islam. Durch das Zusammenwachsen mehrerer Orte, die aus verschieden historischen Epochen stammten, war die Stadt auf eine Fläche von 120 qkm angewachsen. Deshalb war bei der Besichtigung der einzelnen Highlights auf den Bus nicht zu verzichten.

Lange vor Alexander dem Großen war im Flußtal des Murgab eine neue Hauptstadt entstanden: Erk-Kale, eine 12 ha große Wohnsiedlung des 6./4. Jahrhunderts BC. Das rasche Aufblühen der Oasenstadt mchte bald eine Ausdehnung über die bestehenden Stadtmauern hinaus erforderlich und Erk-Kale wurde Teil und Zitadelle von Giaur-Kale. Die 'Stadt der Ungläubigen' war eine quadratische Wohnstadt (2 km Seitenlänge) mit vier Stadttoren und einer Mauer aus Stampflehmblöcken deren Breite heute noch mehr als 20 m beträgt.

Heute ist nur ein riesiger Sandwall zu sehen, nur Ausgrabungen an wenigen Stellen belegen das Vorhandensein der Mauer.

Westlich von dieser Festung erhebt sich Kis-Kale. Die wuchtigen, in Halbsäulen ausgebildeten Mauern ragen bis zu 15 m auf und zeugen von der Macht und Baukunst der einstigen Machthaber.

Aus der "neueren" Zeit besichtigten wir das Mausoleum des Sultan Sandschar von 1152, das sicher zu seiner Zeit mit einer Seitenlänge von 27 m und einer 17 m hohen Kuppel zu den bedeutendsten Baudenkmälern der Stadt zählte.

Das Mausoleum des Muhammad ibn Said aus dem 13. Jahrhundert, versteckt in einer Senke, besticht durch seinen monochromen Ziegelschmuck. Die Ziegel formen geometrische Ornamente in großer Vielzahl. Auch das Innere zeichnet sich durch einfachen, aber gerade deshalb reizvollen Schmuck aus. Die verputzten Wände sind mit feinen Malereien verziert, deren Linien sich ästhetisch begleiten und kreuzen. Vor dem Mausoleum sitzt seit 40 Jahren ein Mann, der sich einen Bakschisch erhofft. Er ist so sehr Teil des Mausoleums, daß er in einigen Reiseführern erwähnt wird.

Noch stundenlang hätten wir im Wüstensand nach Spuren der Vergangenheit suchen können, doch die unerbittliche Wüstenhitze trieb uns zurück zu unseren Domizilen und damit auch zu dem Pool, der als das höchste Glück empfunden wurde.

Am Abend gab es Geburtstags-Wodka und -kekse.


[Zur Tagebuchübersicht] [Zurück zur Reiseübersicht] [Zurück zur Startseite]