Entdeckerreise 2007: Auf den Spuren Marco Polos

Bericht 7: Iran



15.05.07 bis

Über Soltaniyeh nach Teheran (IRN)

 

18.05.07

bis Isfahan (Iran)


Über Soltaniyeh nach Teheran, 15.05.07 (IRN)

Die Strecke heute sollte nicht zu lang werden, deshalb lud Heinrich, unser gestriges Geburtstagskind, zu Tee und Kuchen in das Restaurant. Ein guter Start.

Die Feuerwehr hatte in der Nacht die Einfahrt freigepumpt, auch in der Stadt waren die Seen verschwunden.

Die ersten Kilometer ging es über die Landstraße, wir wollten in Soltaniyeh das Grabmal des Oldjaitu besichtigen. Heute ist Soltaniyeh ein unbedeutendes Dorf, aber im 14. Jahrhundert unter den mongolischen Ilkhaniden war es ein bedeutendes Zentrum, was das Mausoleum bezeugt, das eines der großartigsten Grabbauten Persiens sein soll. Zentrales Element ist der achteckige Mittelbau, über den sich mit einem inneren Durchmesser von 25 m und einer Höhe von 51 m die eiförmige Kuppel erhebt. Sie gehört zu den größten der islamischen Welt. Leider war der Innenraum zu Restaurationszwecken mit einem Gerüst zugestellt. Bewundern konnten wir aber die im Obergeschoß umlaufenden Galerien, deren warme Rot- und Brauntöne der Stuck- und Ziegeldekore eine Augenweide darstellen. Der Reiseführer schwärmt noch seitenlang über diesen Bau. Während meiner Besichtigungstour ging Gil auf Brotsuche. In dem ersten Laden, in dem sie fragte wurde sie so freundlich empfangen, daß der Inhaber gleich alles liegen und stehen ließ und sie zum Bäcker begleitete. Dies gehört zur üblichen persischen Freundlichkeit.

Von Soltaniyeh aus folgten wir nun der Autobahn nach Teheran, wo wir prompt in die Rush Hour gerieten. Unsere bisher geübten Fertigkeiten wurden nun auf die Probe gestellt und der Meisterlehrgang absolviert. Einzige Regel des Chaostrainings: man fahre so weit vor von welcher Richtung auch immer, bis der Andere oder man selbst die Nerven verliert.

Unser Stellplatz lag hoch auf einem Berg mit einer herrlichen Aussicht auf Teheran. Schon auf dem Platz stellte sich der erste Schaden heraus: ein platter Reifen. Hier kein Thema (zwei Stunden später war er repariert), aber in der Stadt wäre das ein Akt gewesen! Wir beschlossen den Tag mit romantischer Aussicht auf das nächtliche Teheran bei ersten Gitarrenklängen.

Teheran, 16.05.07 (IRN)

Mein Ladegerät hat den Geist aufgegeben. Das ist kein Beinbruch, es wird auch ohne gehen, trotzdem ist es kein schönes Gefühl, deshalb werde ich sehen, daß ein neues bekomme.

Heute ist Besichtigung angesagt während Heinrich auf dem turkmenischen Konsulat versuchen wird unsere Visa zu bekommen, denn noch ist unsere Weiterreise nicht gesichert.

Das Teppichmuseum steht als Erstes auf dem Programm, ich habe keine Lust dazu, mache es mir also bei einem Tee gemütlich. Gil war natürlich von den Gartenteppichen beeindruckt, die Paradiesgärten darstellen.

Das Nationalmuseum ist sehr eindrucksvoll, wir erhielten eine ausgezeichnete Führung mit vielen sehr guten Informationen durch unseren Guide Sadri. Wir lernten, daß die älteste Keramik der Welt aus dem 5. Jahrhundert BC stammt und im 3. Jahrhundert BC die Erfindung der Töpferscheibe liegt.

Hier hat uns auch unserer Dumont-Kunstreiseführer sehr geholfen, da die Abbildungen und Beschreibungen gut nachvollziehbar waren und wir auch später noch einmal nachlesen können. Leider sind in diesem Reiseführer keine Informationen über die Städte und Einwohner, hier hilft uns der Iranführer von Lonly Planet.

Im Nationalmuseum nahmen wir auch einen Imbiß ein, doch trotz Vorbestellung war nichts vorbereitet, wir mußten endlos auf eine Dose Thunfisch mit Chips warten.

Vor dem Museum wachsen Bäume und Gil beobachtete einen Soldaten, der das Museum bewachte und einheimisches Pärchen beim Pflücken beobachtet, auf Fragen wurden sofort Früchte für uns gepflückt. Die weißen Früchte schmeckten süß und saftig und stellten sich als Früchte des Maulbeerbaumes heraus, die im Iran auch als Zuckerersatz verwendet werden.

Endlich konnten wir aufbrechen und machten Halt am Azadi-Monument (Freiheits-Monument), das 1971 anläßlich der 2.500-Jahrfeier des Kaiserreiches errichtet wurde und nach der Revolution umfunktioniert wurde. Ausstellungen im Souterrain informiert anschaulich über die Regionen des Landes und ihre Schwerpunkte. Ein permanenter Film über die Revolution ruft nur eine Gänsehaut hervor; fanatische, vor Hass verzerrte Kindergesichter sind nicht jedermanns Geschmack.
Die Architektur und Betonausführung des Bauwerks sind beeindruckend und der Blick über die Stadt läßt das Pulsieren der Metropole spüren. Weiter ging es zur ehemaligen Sommerresidenz des Schahs. In dem 410 ha großen Garten konnten wir den Weißen Palais besichtigen, der mich aber nicht vom Hocker riß.

Dort stieß Heinrich wieder zu uns, um uns die Story unserer Visa zu erzählen, die er immer noch nicht hatte. Zuerst waren zwei falsche Pässe dabei (falsch, weil wir ja zwei haben). Das konnte schnell behoben werden. Als es ans Bezahlen ging, akzeptierte der Beamte drei 20 US-Dollar-Noten nicht. Ein Gang zu einer Bank ergab, daß die Scheine gültig sind, aber der turkmenische Beamte wollte dann einen Schein immer noch nicht akzeptieren, da er eine winziges Loch aufwies, er akzeptierte ihn schließlich doch, da alternativ iranische Rial winkten. Die Visa sollten wir dann am Samstag erhalten. Heinrich blieb eisern und erreichte, daß sie am Abend fertig sein sollten.

Am Abend war dann gemeinsames Essen angesagt. Die Zwischenzeit nutzten wir zum Broteinkauf, Steinbrot, Dattelbrot, süßes Fladenbrot, viele getrocknete Früchte wurden angeboten und billig erstanden.
Auf dem Platz genießen die jungen Iraner kreativ, ohne Geld und voller Leben in Einfachheit auf dem Deckel des Kofferraums das Brot und die Cola aus den Läden und holen sich aus den Cafés die Wasserpfeifen dazu, während wir uns in das Restaurant begaben, um den Abend zugenießen, zu dem Perestroika geladen hatte.
Das Restaurant war einer mongolischen Jurte nachempfunden und stilvoll eingerichtet mit Takhts (sprich: Tacht), das sind erhöhte Plattformen mit einem Geländer eingefaßt, ausgelegt mit Teppichen und Kissen, auf denen man sich lagert oder setzt, um Essen, Trinken oder Wasserpfeife zu genießen. Für weniger Traditionsbewußte oder Ausländer gab es auch Tische und Stühle. Zum Tee wurden Filme über den Iran gezeigt, was uns zu lange dauerte, waren wir doch schon den ganzen Tag unterwegs. Doch endlich gab es ein vorzügliches Essen zu traditioneller persischer Musik. Drei Musiker mit einer "Kamanche," dies ist ein 4-Saiteninstrument, das auf dem Knie aufgestützt mit einem Bogen Chello-ähnlich gestrichen wird, einer "Santur," die unserem Hackbrett ähnelt und einer "Tombak," einer Jembe-ähnlichen Trommel begeleiteten einen Sänger, der sanfte bis schmissige Lieder vortrug und sich über unseren Applaus sichtlich freute.

Heinrich bekam am Abend tatsächlich unsere Visa für Turkmenistan. So steht unser Weiterfahrt nach Osten nichts mehr im Wege!

Sehr spät erst konnten wir nach diesem ausgefüllten Tag ins Bett sinken.

Nach Isfahan, 17.05.07 (IRN)

Der erste Schwund in unserer Gruppe: Erich blieb wegen Zahnproblemen zurück und muß sich einer kleinen OP unterziehen. Wir wünschen ihm, daß sie glimpflich verläuft und er vor Turkmenistan wieder zu uns stoßen kann!

Heute sollte der Tag wieder aufgeholt werden, den wir durch die Zwischenübernachtung in Zanjan verloren hatten, deshalb fiel die Übernachtung in Natanz aus und 570 km nach Isfahan lagen vor uns. Heinrich ließ es sich nicht nehmen zu einer Besichtigung nach Natanz hineinzufahren. Hier wollten wir einen Komplex aus dem 14. Jahrhundert besichtigen, der aus Freitagsmoschee, dem Grabmal Shaikh abd al-Samad al-Isfahanis und einer angeschlossenen ehemaligen Karawanserei besteht. Der zuständig Mann für die Moschee war nicht greifbar, in der Karawanserei fand eine Trauerfeier statt, so daß wir nur die Moschee von außen bewundern konnten. Die Fassade des Eingangsiwans ist mit Ornamenten aus glasierten und unglasierten Ziegeln verkleidet. Dazwischen sind Kufi-Inschriftenbänder aus strahlend türkisfarben glasierten Reliefziegeln angebracht, die zu den ältesten Schriftzügen gehören.

Als Ersatz für die geschlossene Anlage besuchten wir die Werkstatt eines Töpfers, der nicht aus Ton sondern aus sechs gemahlenen Steinsorten der Region sein Grundmaterial herstellt. Freihändig bemahlt er mit Naturfarben mit Pinseln aus Kamelhaar, die er auch selbst herstellt, die Vasen und Schalen und hebt die Linien mit einem Schnitzmesser, ähnlich unseren Holzschnitzmessern, hervor. Danach wird das Werk bei 700° gebrannt. Früher hatte 25 Arbeiter, heute ist er mit seinem Bruder allein, nach ihm wird wohl keiner die Arbeit fortführen.

Bei der Rückfahrt zur Autobahn stellte sich heraus, daß die Abfahrt keine Auffahrt besitzt und anstatt die Abfahrt zu benutzen, bescherten uns unsere Guides einen 50 km langen Umweg, um dann an der zurückliegenden Anschlußstelle doch eine Abfahrt zu benutzen, was den entgegenkommenden Fahrzeugen nur ein schwaches Kopfschütteln entlockte!

Die Straße führte ca. 30 km an der Wüste Dasht-e Kavir vorbei und überquerte den ehemaligen Salzsee Daryacheh-ye Hows Soltan. Wir hatten das Gefühl, durch eine Mondlandschaft zu fahren. Die Hügellandschaft sah aus wie eine riesige Sandkiste aus wunderbar braunem Sand. Sogar hier an der Autobahn sieht man immer wieder Autos, die am Straßenrand parken, deren Insassen eine Decke neben dem Auto ausbreiten, den Grill herausholen und ihren Imbiß fertig machen. Ein freundliches Zuwinken ist uns sicher!

Die Autobahn kostet Mautgebühren, auf der Stracke Teheran-Isfahan mußten wir vier mal um 5.000 Rial (50 Cent) bezahlen.

Die Einfahrt nach Isfahan erfolgte bei Dunkelheit und natürlich in der Rush Hour! Im Vorfeld wurde die Adresse des Stellplatzes ausgegeben, so daß im Falle eines Verlierens der Kolonne man mit Hilfe einer Taxe weiter kommen könnte. Diese Taxenhilfe benötigten unsere Guides, als sie kurz vor dem Stellplatz falsch abbogen und uns im Bogen um diesen herum führten. Wieder forderte der Verkehr unsere völlige Aufmerksamkeit und alle Unverfrorenheit, die wir aufbringen konnten, so daß wir völlig kaputt waren, als wir um 22:00 Uhr endlich den Motor abstellten.

Spurlos ist der Tag an unseren Fahrzeugen nicht vorbeigegangen, was sich in der Schadenstatistik widerspiegelt:

Schadenstatistik (kumuliert):
was Ort Folgen
1 Reifen Teheran  
1 Abdrängen an die Leitplanke Ausfahrt aus Teheran Kuhfänger verbogen, dicke Schramme an der Seite
Nicht bemerkt Ausfahrt aus Teheran Dicke Schramme an der Seite

Ich möchte hier einiges berichten, was mir bei unseren Rundgängen bzw. Fahrten aufgefallen ist:

Zunächst einige Zahlen, die wir auf Führungen hörten:
  •   Das Bruttosozialeinkommen beträgt im Iran: 5.400 Euro (D: 25.000) pro Jahr.
  •   Im Iran gibt es auf 500.000 Studienplätze 1,8 Millionen Bewerbungen. Das Auswahlverfahren ist hart.
  •   Die Einwohnerzahl pro qkm beträgt 48 (D: 220)
  •   Für 1€ erhielten wir in den Wechselstuben 12.500 Rial


  • Wenn man aus der Türkei in den Iran einreist, fällt als Erstes auf, daß man selten Moscheen sieht, nachdem man von der Türkei gewohnt war, an jeder Milchkanne mindestens zwei Moscheen zu sehen und von jeder tönt fünf mal in maximaler Lautstärke der Muezzin. Im Iran ruft der Muezzin drei Mal pro Tag und wem das zu laut ist, kann sich bei der Polizei beschweren, dann muß der Lautsprecher leiser gestellt werden. Wir hatten hier immer Mühe, einmal das Rufen es Muezzins zu hören, der hier viel melodischer klingt als in der Türkei.

    Auf der Fahrt passierten wir alle 30-50 km Polizeikontrollen, die uns jedoch ungehindert passieren ließen oder uns allenfalls aus Neugier nach unserem Reiseziel fragten, aber LKWs und auch PKWs rege kontrollierten.

    Ich muß noch einmal auf die Kleiderordnung eingehen: Sexy trotz Kleiderordnung: Viele junge Frauen tragen enge kurze Mäntel, die so körperbetont sind, daß die Umrisse der Unterhöschen zu sehen sind. Mit schwarzer Hose und schwarzen Kopftuch sieht das schon sehr gut aus. Dennoch, bitte unterschätzt nicht die Wirkung , die es auf die Frauen hat, sich einer Kopftuchpflicht zu unterwerfen. Viele von uns sind sehr betroffen davon, keinen "freien Kopf" mehr zu haben. Mir geht es richtig schlecht dabei. Heute erfolgt die erste Auflehnung einige unserer Reisemitglieder: Auf dem Campingplatz in Isfahan werden die Kopftücher von mehreren von uns nicht mehr aufgesetzt, wir warten auf die Reaktionen und wollen uns dann entschuldigen, um nicht ausgewiesen zu werden. Über den Platz liefen bereits zwei Touristinnen ebenfalls ohne Kopftuch. Nachdem wir vorgestern die ersten einheimischen Damen in Sandalen und ohne Strümpfe gesehen haben, können wir nun auch die blickdichten Kniestrümpfe (80 den) und die geschlossenen Schuhe ablegen. Dies ist für unser Wohlbefinden wichtiger als jeder Mann ermessen kann. Ein Kopftuch ist eben nicht nur eine Kopfbedeckung (sonst könnte man ja auch Hüte zulassen) sondern ein Zeichen der Unterdrückung und Unterwerfung. Allein die Haltung, die dazu gehört, daß das Tuch nicht rutscht, zeugt von keiner Unverkrampftheit! Immer wieder können wir sehen, daß die ersten Damen auch einen Teil der Haare aus dem Kopftuch hervorgucken lassen.

    Der Dieselpreis beträgt 0,06 Cent pro Liter, so daß eine Tankfüllung ca. 5 Euro kostet. Dadurch tragen die 11 Tage im Iran erheblich dazu bei, unsere Tagesdurchschnittskosten zu senken. Nach 32 Tagen Reise beträgt unser Tagesdurchschnitt 47 Euro für 2 Personen, dies ist einschließlich Tagen und der Unterbringungskosten auf dem ersten Teil der Reise. Bis jetzt ist es noch so im Iran, daß die zwar inzwischen vorhandenen Geldautomaten nur für Iraner Geld ausgeben. Es ist uns auch nicht klar, wie der Vorgang am Geldautomaten ablaufen soll, denn wenn wir zum Beispiel 100 Euro in iranischen Rial aus dem Automaten ziehen wollten, müßten wir 1 Million Rial erhalten, und unsere größten Scheine waren bis jetzt 20.000 Rial = 2 Euro. Einen solchen Packen von ca. 4 cm Dicke, gibt kein Automat her. Aber wir werden uns morgen in Isfahan schlau machen, hier soll es einen Automaten für Ausländer geben. Der Geldwechsel ist problemlos gewesen, nichts wird aufgeschrieben, keine Quittung ist nötig und deklariert haben wir bis jetzt auch noch kein Geld bei der Einreise.

    Hier im Iran herrscht absolutes Alkoholverbot, das auch eingehalten zu werden scheint. Es gibt aber alkoholfreies Bier in den verschiedensten Geschmacksrichtungen: Apfel, Pfirsich, Zitrone, Malz. Letzteres schmeckt mir sehr gut.

    Isfahan, 18.05.07 (IRN)

    Heute ist ein Ruhetag, da der Freitag im Islam ein Sonntag ist und die Moscheen nicht zur Besichtigung geöffnet sind. Dieser Tag wird von Allen erst einmal zum Ausschlafen genutzt wonach jeder seiner "Lieblingsbeschäftigung" nachgeht: Wäsche waschen, Auto waschen, kochen, relaxen oder eben Berichte schreiben. Einige, die die Sonne genießen, haben vergessen, daß wir uns in 1.600 m Höhe befinden, sie sehen entsprechend aus.

    Soeben wird in der Besprechung gesagt, daß die Polizei wünscht, daß wir uns abmelden sollen, wenn wir in die Stadt gehen, keine Pässe mitnehmen sollen, Fotoapparate vor den Bauch nehmen, wenig Geld, nur bis 21.00 Uhr wegbleiben sollen. Inwieweit unser Reiseleiter die Wünsche der Polizei überinterpretiert hat, weiß ich nicht. .


    [Zur Tagebuchübersicht] [Zurück zur Reiseübersicht] [Zurück zur Startseite]