Entdeckerreise 2007: Auf den Spuren Marco Polos

Bericht 6: In den Iran



12.05.07 bis

In den Iran nach Tabriz

 

14.05.07

bis Zanjan (Iran)


In den Iran nach Tabriz, 12.05.07 (IRN)

Um 07:30 Uhr standen wir an der türkischen Grenze. Der Zaun war zu, eine halbe Stunde tat sich erstmal gar nichts. Nur die Schwarzgeldwechsler waren aktiv und nervten mit schlechten Kursen, die sich im Laufe der Zeit steigerten, aber kein akzeptables Niveau erreichten. Um 09:00 Uhr ging es endlich los, die Pässe und der Kfz-Schein wurden kontrolliert, dann eine halbe Stunde später noch einmal die Pässe und das iranische Visum, dann bei einer dritten Kontrolle bekamen wir den Auto-Ausreisestempel und konnten die Türkei verlassen. Mit Über 3 Stunden war das unser längster Aufenthalt an einem türkischen Grenzpunkt. Dagegen war die iranische Kontrolle "zügig", wohl weil wir ewige Kontrollen und Wartezeiten erwarteten: Erste Paßkontrolle, dann Desinfizieren des Fahrzeugs mit einer schaumartigen Lösung, Zollkontrolle mit Carnet des Passages Abstempeln und Fahrzeugkontrolle, wieder Paßkontrolle - nach weiteren 3 Stunden waren wir durch und durften den Iran betreten, natürlich hatten sich die Frauen vorher vorschriftsmäßig verkleidet mit langem sackartigem Kleid oder Mantel, blickdichten Strümpfen und Kopftuch.

Auf iranischer Seite warteten wieder Geldwechsler und hier waren die Kurse akzeptabel.

Die ersten persischen Verkehrsschilder faszinieren uns. Überhaupt ist diese Schrift sehr malerisch, viele Mauern sind mit großen Schriftzeichen versehen, und alles sieht aus wie Bilder. An der Tankstelle hinter der Grenze standen lange Schlangen von Lastwagen und wollten tanken, so daß wir erst einmal jeder nur 30 ltr. tankten, um schnell weiterzufahren. Wir sahen Straßenverkäufer mit dreirädrigen Schubkarren oder Plastiktaschen. Ein prächtiges Sammelsurium von Zeug, Fahrradwerkzeug bis Plastikdosen und Viagra in Döschen, heißt hier Karmarga, wird uns angeboten. Nur der Bananenverkäufer fand unser Wohlwollen. Wir erstanden unser ersten Obst mit persischem Geld.

Die offizielle Währung ist der Rial, man muß sehr aufpassen, da fast nur in Tumak gerechnet wird, der eine Null weniger hat (also 10.000 Rial sind 1.000 Tumak), ansonsten ist die Umrechnung einfach, da 10.000 Rial ca. 1 Euro sind. Das Fladenbrot kostet hier 2,5 Cent und ein Essen ca. 4 Euro. Ein Arztbesuch zum Nachholen einer mitgebrachten Hepatitis-Nachfolgeimpufung kostet 4 Euro und 4 leckere Gebäckstückchen 50 Cent.

Wir durchfuhren eine riesengroße Hochebene immer um 1.250 m Höhe von Bergen begrenzt. In der diesigen Luft ließen sich zwei bis drei Reihen Berge, die letzte Reihe schneebedeckt bis 3.700 m, erahnen. Leider war immer noch schlechte Sicht.

Die Einfahrt nach Tabriz mit seinen 1,7 Millionen Einwohnern vollzog sich in der Rush Hour. Wie unser persischer Guide uns erklärte, ist die einzigste Verkehrsregel das Chaos zu beherrschen, sonst gibt es keine Regel. Von allen Seiten wird überholt und nur der Fahrer mit den stärksten Nerven findet seine Spur.

Unser Stellplatz befand sich im Eboli-Park am Rande der Stadt. Unser abgesperrter Parkplatz ließ nur ein Aufstellen auf Tuchfühlung zu. Der Park, der von den Einwohnern viel genutzt wird, zum Joggen (auch "Fledermäuse" sahen wir joggen), oder turnen, sogar zum Camping. In der Mitte befindet sich ein künstlicher See mit einem Pavillon, der in safawidischer Traditon erreichtet wurde. Fontainen und Tretbote beleben das Ganze und rund um den See flaniert die Jugend. Trotz später Stunde unternahmen wir noch einen ersten Spaziergang um den See und genossen einen Imbiß mit Kebabspieß und herrlich angemachtem Knoblauchjoghurt. Und das, obwohl laut Reiseführer die Iraner kaum Knoblauch essen. Zu müde zum Schreiben und sonstigen Aktivitäten sanken wir ins Bett.

Kandovan und Tabriz, 13.05.07 (IRN)

Am Vormittag besuchten wir Kandovan, ca. 50 km südlich von Tabriz, auf dem Weg dahin mußten wir in einem kleinen Dorf halten, der Bach längs der Straße hatte diese unterspült. Ein Baustamm in dem Loch und eine Schubkarre markierten die Stelle. Das ganze Dorf beteiligte sich an der Diskussion, wie der Bus da hinüber kommen könnte, eine andere Straße gab es nicht. Schließlich wurde die eiserne Ladeklappe eines LKW gebracht und als Abdeckung über das Loch gelegt. Der Bus kam hinüber, wir durften wieder einsteigen und weiter ging es nach Kandovan, einem 800 Jahre alten Höhlendorf, dessen Häuser in die Tuffsteinformationen gegraben wurden, ähnlich wie in Kappadokien. Wir konnten überall herumklettern und in einige Häuser schauen. Als touristischer Anreiz waren im Tal einige Buden aufgebaut, die ihre Sachen aber vergleichsweise teuer anboten. Auf der Rückfahrt konnte der Busfahrer ohne Hilfsmittel über das Loch kutschieren, so daß wir noch einigermaßen pünktlich in das Restaurant kamen, in das uns Perestroika zum unserem ersten persischen Essen einlud. Wieder stellte sich die Meinung eines Reisführers als unrichtig heraus, daß die Iraner keinen Knoblauch essen: auf dem Salatbuffet lagen Mengen von eingelegtem Knoblauch, dazu Joghurtsauce, Mohrrübensalat, Tomaten, Gurken. Als Hauptgericht gab es eine große Kugel aus Lammhackfleisch, gefüllt mit Datteln, dann Spieße mit Lammfleisch, Geflügel und Köfte (persisch?) mit Reis und Butterflöckchen. Dieses Essen war hervorragend.

Doch nicht genug der Aktivitäten. Der Nachmittag war dem Besuch von Tabriz vorbehalten. Schon der Reiseführer machte uns deutlich, daß das erdbebengebeutelte Tabriz nicht mit einer historischen Altstadt aufwarten konnte. Auch die blaue Moschee wurde wieder aufgebaut und kann nur noch in Ansätzen ihrer einstigen Pracht glänzen.

Der Basar konnte uns nicht beeindrucken, da haben wir schon viele bessere gesehen. Auf unsere Frage nach einem Café wurden wir von Händlern in das Obergeschoß des Basars geschickt. Dort fanden wir eine typische Teestube, in der Tee trinkende Herren genußvoll ihre Wasserpfeife rauchten. Von dieser Herrenrunde wollte ich Gil weglotsen, aber sie wollte partout hier rein und auf ihre fragende Geste wurden wir von freundlich grinsenden Wasserpfeifen herein gewunken. Schnell hatten wir einen Tee vor uns. "Where are you from?" "O, Alemania is beautiful!" "O, Tabriz too!" brachen das Eis. Sogar Fotos wurden freundlich gestattet, doch dann sinnierte man wieder dem Rauch und leisen Blubbern der Wasserpfeifen hinterher. Den Tee brauchten wir nicht zu bezahlen! Auf dem Weg nach unten wurden wir in jeden Handwerkerladen gewunken, um ein Foto zu machen, was wir gerne taten, waren die Läden doch zu interessant!

Was sollten wir noch über Tabriz sagen, wären nicht die Menschen! Mit was für Vorbehalten sind wir in den Iran gekommen und wie fühlen wir uns durch die Kleiderordnung eingeengt! Die Menschen, egal ob jung, ob alt, ob Männlein oder Weiblein begegnen uns mit so viel Offenheit und Aufgeschlossenheit. Ein Blick genügt, ein Nicken oder Lächeln - alles wird dir sofort zurückgegeben und mit "Welcome!" oder "How do you do" ist schnell ein Gespräch im Gange. Als unsere Gruppe auf den Bus wartet, verursachen wir einen Auflauf weil so viele Menschen sich mit uns unterhalten wollen. Dieser Freundlichkeit begegnen wir überall, entgegenkommende Autos blinken, überholende hupen, alle winken. Wir als Ausländer, aber erst recht unser Konvoi, erregen Aufsehen!

Wieder war der Tag so voll, daß ich keine Lust mehr zum Schreiben hatte, erst Recht nicht, nach dem ich festgestellt hatte, daß Datenverkehr wieder nicht möglich ist, wir können auch keine E-Mails abholen. Das mit der Telekommunikation ist seit Dogoubayasit problematisch. Telefonieren können wir zwar, das Roamingabkommen funktionert, aber ein Datenverkehr klappt nicht. Dafür funktioniert das SatTel besser als bisher, obwohl es kein Abkommen mit dem Iran gibt und die Abdeckungskarte den Iran ausklammert.

Von Tabriz nach Zanjan, 14.05.07 (IRN)

Der Tag begann mit einem Geburtstagständchen für Heinrich. Und dann ging es auch schon los. Heute beträgt unsere Etappe ca. 300 km und wir sind dankbar, nicht - wie geplant - 600 km bis Teheran fahren zu müssen. Trotz der nur 300 km Fahrtstrecke kamen wir erst gegen 17.00 Uhr an.

Zanjan, 304.000 Einwohner, die Stadt ist versteckt in niedlichen Alleen und hinter ihren modernen Fassaden hat Zanjan einige Moscheen erhalten (auch hier: stark erdbebengefährdet und daher kaum Altstadt), einen fantastischen Basar und ein brilliant renoviertes Karawanserei-Restaurant, so sagt der Reiseführer, leider war unsere Wirklichkeit eine andere, uns erwartete eine Überschwemmung. Und nicht nur das, auch ein tüchtiger Hagelschauer zeigt uns, daß wir wieder einmal in 1660 m Höhe sind und der Frühling noch nicht weit fortgeschritten ist. Chris diktiert mir gerade: Zwerghuhnei-große Hagelkörner sind hier heruntergekommen, zum Glück waren wir noch nicht hier, wir haben viel Wasser auf der Strasse, eine große Überschwemmung macht kleinen Fahrzeugen das Leben schwer, trifft unsere Gruppe natürlich kaum. Dafür können wir hier auf dem überschwemmten Platz an einem Hotel außerhalb der Stadt kein Wasser und keinen Strom bekommen. Leider haben wir auch seit drei Tagen kein Brot kaufen können, und nun heute wieder nichts. Unser Knäckebrot wird in Ehren gehalten. Ab Morgen werde ich Pfannkuchen zur Reserve backen. Leider gibt es auch keine Milch, gestern bekamen wir nur Molke mit Salz, nicht jedermanns Geschmack. Trotz allen Widrigkeiten, es geht uns einfach herrlich und wir grüßen alle lieben Menschen zu Hause. Die letzten Tage waren so spannend, daß wir uns sicher noch oft erinnern werden. Das "Herzlich Willkommen" der Iraner war überwältigend, ähnliches haben wir von so vielen Menschen an den unterschiedlichsten Orten noch nicht erlebt!

Wie jeden Abend testete ich die E-Mail Verbindung und wurde ganz aufgeregt, als ich eine Verbindung bekam, auch wenn sie beim Herunterladen zusammenbrach. Mit einer nochmalige Verbindung passierte das Gleiche. Irgendeine Eingebung riet mir, den Rechner neu zu starten und siehe da, es klappte. Nun wurde ich aktiv. Die letzten Tage wurden nachgetragen und in HTML umgesetzt und das Glück blieb mir treu: mit nur einem Neustart konnte ich die Seiten hochladen! Dafür ist es dann auch sehr spät geworden.


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