Entdeckerreise 2007: Auf den Spuren Marco Polos

Bericht 11: Usbekistan - Samarkand



30.05.07 bis

Nach Samarkand (UZB)

01.06.07

Samarkand (UZB)


Nach Samarkand, 30.05.07 (UZB)

Unsere Polizeieskorte war pünktlich um 8:00 Uhr zur Stelle. Was für ein Aufwand wurde getrieben, um uns ein freies Durchkommen zu sichern! An jeder Straßenkreuzung, jeder Abzweigung, in jedem Kreisverkehr stand mindestens ein Polizist und hielt die Durchfahrt für uns offen - auch, wenn eine Ampel Rot zeigte. Zwischenzeitlich haben wir auch erfahren, warum so ein Aufwand getrieben wurde: im letzten Jahr gab es bei der Marco Polo Tour einen schweren Unfall, dem wollte die usbekische Polizei vorbeugen.

Sind wir bis Buchara durch die Karakum (dunkle Wüste) gefahren, sollten wir laut Karte und Reiseführer nun den südlichen Teil der Kizilkum (roter Sand) streifen. Seit Ashgabat fahren wir auf einer ungefähren Höhe von 250 m. Nun steigt das Terrain unmerklich an, von Wüste nichts zu spüren. Eine blühende Landwirtschaft umgibt uns: Baumwollfelder ohne Ende, Kornfelder, Mais, Obstplantagen und Wein und Bäume - richtige Bäume! Espen und Pappelwälder gibt es! Es ist eine Augenweide! Einmal versucht die Wüste die Oberhand zu gewinnen, aber bis jetzt hat der Mensch gewonnen.

Viele kleine Ortschaften durchquerten wir, immer unter der Obhut der Polizei, die an den regelmäßig verteilten Polizeiposten an der Landstraße in fliegendem Wechsel ausgetauscht wurde. Unsere Mittagspause verbrachten wir in einer vielen kleinen Restaurants an der Landstraße. Die Temperatur steigt wieder auf über 40°C an, es weht kein Lüftchen. Da wünscht man sich den Fahrtwind herbei!

Es dauerte nicht mehr lange, bis in Samarkand einfuhren. Nur an Hand des GPS war festzustellen, daß wir mittlerweile 750 m Höhe erreicht hatten. Unser Stellplatz befindet sich an einem alten Hotel ohne Schatten. Aber wir müssen uns ja an noch wärmere Zeiten gewöhnen! Nun bin ich gespannt auf Samarkand, den Ausgangspunkt der Märchen von 1001 Nacht, der Stadt, die Marco Polo faszinierte.

Samarkand, 31.05.07 (UZB)

Als Marco Polo im letzten Teil des 13. Jahrhunderts in Samarkand ankam, bot sich ihm eine vornehme Stadt, geschmückt mit schönen Gärten und umgeben von einer Ebene, in der alle Früchte wuchsen, die man sich nur wünschen kann. Dabei gab es die Baudenkmäler, für die Samarkand berühmt ist und die 1001 Nacht lebendig werden lassen, noch gar nicht. Die entstanden erst zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert.

Dem heutigen Reisenden bietet sich die Stadt nicht auf den ersten Blick dar. Mit ihren 370.000 Einwohnern ist sie eine Stadt russischer Prägung. Außer der Architektur bietet Samarkand wenig Interessantes. Das kulturelle Leben ist mehr oder weniger der Videounterhaltung gewichen, im Opernhaus werden nur touristische Veranstaltungen gegeben. Der Teil der Stadt mit einem anderen Gesicht ist das Gelände, auf dem sich Alt-Samarkand (Afrasiab) befindet. Hier kann man sich in Teehäusern amüsieren oder auf der Studentenmeile beschaulich flanieren.

Das heutige Samarkand wäre architektonisch eine langweilige Stadt, gäbe es die blauen Bauwerke aus der Zeit Timurs nicht. Da die aber allgegenwärtig sind, hat sich die Stadt eine gewisse Erhabenheit bewahrt.

Der Bus holte uns pünktlich zur Stadtbesichtigung ab - wir trauten unseren Augen nicht: vor und hinter dem Bus stand eine Polizeieskorte bereit. Es war nicht zu erfahren, warum und vor wem wir beschützt werden sollten, ob es Routine oder besondere Aufmerksamkeit war.

Zuerst kamen wir zum Rigestan. Er ist einer der prächtigsten Plätze Mittelasiens. Der Reiseführer schreibt dazu: "Mit der gleichen Gewalt, mit der er gegen seine Feinde anging, unterjochte Timur auch die Bewohner seiner geliebten Stadt und bemächtigte sich ihres Grund und Bodens, um mitten in der Stadt ein Handwerker- und Handelszentrum zu errichten, wie es sich für eine Relaisstation zwischen Orient und Okzident am Rande der großen Seidenstrasse gehörte". Rigestan - das Herz des antiken Samarkands, dessen Namen als "Sandplatz" übersetzt werden könnte. Drei Medresen (muslimische Hochschulen) mit ihren mächtigen Eingangsportalen dem Platz zugewandt, bilden ein gewaltiges Bild und vermitteln den Eindruck, noch in der Hochzeit der Seidenstraße zu sein und man glaubt, gleich müßte eine Karawane um die Ecke kommen - aber es war nur ein Bus japanischer Touristen, die hier aber sehr selten zu sehen sind. Oft sind wir auf all den wunderschönen Plätzen, die wir besichtigt haben, die einzigsten Touristen und genießen dieses Privileg ausgiebig.

Auf der Westseite erhebt sich die Ulughbek-Medrese (1417 -1420), die zu den ältesten in Zentralasien gehört. Die Ecken sind mit hohen, proportionalen Minaretten ausgerüstet. Zwei Minarette haben sich auf Grund des sandigen Untergrundes gegeneinander geneigt, so daß sie im Volksmund "besoffene" Medresse heißt. Ein Mosaikpaneel über dem Eingangsbogen wurde mit geometrischem Ornament dekoriert. Im quadratischen Hof befinden sich eine Moschee, Lehrräume und am Rande kleine Zimmer, in denen früher die Studenten gewohnt haben, heute die Händler ihre Waren anbieten.

Gegenüber liegt die Schir-Dar-Medrese (Tigerhaus) (1619 - 1636). Diese Medrese enthält als eins der ersten islamischen Bauwerke figürliche Darstellungen, die im Islam unüblich waren, weil man befürchte durch die Abbildung die Seele zu binden.

Die Nordseite des Rigestan nimmt die Tella-Kari Medrese ("vergoldete" Medresse) (1646 - 1660) ein. Diese Medresse diente nicht nur zur Ausbildung der Studenten, sondern war auch lange Zeit als eine der wichtigsten Moscheen tätig. Die Tella-Kari-Medresse hat eine zweistöckige Hauptfassade, einen großen weiten Hof, an dessen Rande sich kleine Wohnräume befinden, und vier Flure, die sich um die Achse ausgebreitet haben. Der Hauptsaal der Moschee ist reichlich vergoldet.

Zur Medrese Bibi Hanim (1404) war es nicht weit. Timur ließ sie zum Gedächtnis der Mutter seiner Frau errichten. Sie war einmal die schönste Moschee im mittleren Orient. Bemerkenswert ist der im Innenhof befindliche riesige Steinpostament für den Koran.

Gleich nebenan liegt der große überdeckte Basar. Hier wird alles an Obst und Gemüse angeboten, was das Land bietet. Eingedeckt für die nächsten Tage genossen wir hinter dem Basar in einem kleinen Lokal einen leckeren Hackfleischspieß mit Salat und Brot. Die einheimischen Lokalbesucher helfen uns beim Bestellen, hier zahlen wir nicht einmal ein Sechstel des Preises (550 SUM = 30 Cent) vom Biergarten an unserem Stellplatz (4.400 SUM) für einen sehr leckeren Hackfleichspieß. Zwischen Einheimischen zu sitzen und sich gemeinsam von dem Trubel auszuruhen, was gibt es Schöneres!

Leider hatten wir bei dieser Reise bis jetzt viel zu wenig Gelegenheit zum Träumen, jede Pause muss genutzt werden um Obst und Gemüse sowie Mineralwasser einzukaufen, dann bleibt keine Zeit mehr für den Besuch eines Cafes oder einer Teestube.

Zum Abschluß des Tages besuchten wir die Gräberstadt Schah-e Sende. Diese Nekropole (Stadt der Toten) deren Mausoleen hauptsächlich in tumuridischer Zeit um eine geheiligte Stätte herum gebaut wurden, war noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts für Andersgläubige gesperrt. Die Gräberstadt wird heute noch als Friedhof genutzt. Die Ansammlung lasurblauer Kuppeln, die Vielfalt der Mosaiken und geometrischen Formen aus Ziegeln lassen vergessen, daß man sich in einer Gräberstadt befindet, vielmehr gleichen sie verwunschen Gassen aus der Zeit Sindbads und Ali Babas. Die Schönheiten sind so vielfältig, daß sie kaum zu erfassen sind. Hier könnte man sicher viele Tage kommen und würde immer wieder neues Schönes entdecken. Besonders haben es uns die Verzierungen im Mausoleum der jüngeren Schwester Timurs Schirin Bika Aka angetan. Glasierte Fliesenmosaiken mit Blumenornamenten, großen Rankenmotiven und vielen kleinen Details führten zu einem wahren Fotomotiv-Rausch. Das Alles wirkte hier nicht überladen, sondern zart und schön. Die Abendstimmung zwischen den vielen Gräber an den Resten der Lehmstadtmauer aus dem 11. Jahrhundert ist einmalig. Wir würden gern einmal bei einer weiteren Reise wiederkommen.


Samarkand, 01.06.07 (UZB)

Wieder ein freier Tag. Gil nutzte ihn, um die Umgebung zu erkunden und kehrte mit begeisterten Schilderungen zurück. Die Straßen sind herrlich breit angelegt, von großen alten Bäumen gesäumt und mit oft mit einem breiten grünen Mittelstreifen mit Bänken versehen. Überall befinden sich kleine Verkaufstische, oft mit Getränken oder harten kleinen Käsekugeln, Lutschern und nie ohne die obligatorischen Sonnenblumenkerne. Direkt hinter unserem Stellplatz an einem früher einmal (1967 gebaut) sehr schönen Hotel mit Plüschvorhängen und Stuckverzierung an Wänden und Decken befindet sich eine Allee an der zu beiden Seiten Kollegs und Wohnräume für Studenten sind. Die breite Straße ist für Autos gesperrt. Viele junge Menschen schlendern die Straße entlang, niemand eilt, die Hände sind leer!, man trägt weder Büchertaschen, noch sonstige Taschen. Oft gehen - wie in Albanien - die Männer Arm in Arm und küssen sich zur Begrüßung. Es ist eine sehr beschauliche, ruhige Stimmung, die in mir den Wunsch aufkommen läßt einmal so studieren zu können. Der Unterricht findet mit jeweils 10 Studenten statt, und möglichst sollte jeden Tag jeder Student 10 x aufstehen und seine Inhalt einbringen. Wir haben oft Vorlesungen mit 300 Studenten, haben keine Sitzplätze und zum Diskutieren bleiben keine Möglichkeiten mehr. Das wäre doch einmal eine Alternative!

Wenn man bedenkt, daß um 1900 noch 88 % Analphabetentum herrschte, das weitgehend überwunden ist, so beeindrucken heute 40 Hochschulen mit über 300.000 Studenten und eine "offizielle Arbeitslosigkeit" von 4 %. Leider konnten wir unserer Reiseleiterin Larissa keine Informationen über Land und Leute entlocken, sie hat allenfalls die offizielle Version des Reiseführers wiederholt. Sehr schade, auch der Hinweis, daß seit 1991 keine Demonstrationen mehr stattfanden, stimmt uns bedenklich. Über das Massaker im Fergana-Tal von 2005 wird auch nur geschwiegen! Es ist generell schwer an Informationen über die Völker, die wir besuchen zu kommen, die über die oberflächliche Darstellung des Reiseführer hinausgehen.

Zurück zum Alltag: Gegenüber unserem Stellplatz entdeckten wir einen Friseur und ich eilte mich, endlich meinen Urlaubshitzeschnitt (5 mm lang) zu erhalten. Für 2.500 Sum (1,5 Euro) habe ich nun endlich den pflegeüberflüssigen Schnitt, der mich auch den leisesten Windhauch am Kopf spüren läßt. Zu mehr konnte ich mich in der gnadenlosen Sonne nicht aufraffen, es wurde also ein schöner fauler Tag.

Schadenstatistik (kumuliert):
was Ort Folgen / Maßnahmen
1 Reifen Teheran  
Batterieladegerät Teheran Neues aus D eingeflogen
1 Abdrängen an die Leitplanke Ausfahrt aus Teheran Kuhfänger verbogen, dicke Schramme an der Seite
Nicht bemerkt Ausfahrt aus Teheran Dicke Schramme an der Seite
1 Reifen Ashgabat  
1 Reifen Tashkent (Gummiventil) Metallventil eingebaut
1 Reifen läßt Luft UZB-Grenze, Samarkand Alle zwei Tage 1 bar nachfüllen
Kühler undicht Tashkent Ausbau und löten lassen
Diesel-Vorheizung Tashkent Ersatzteil aus D eingeflogen



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