Entdeckerreise 2007: Auf den Spuren Marco Polos

Bericht 1



15.04.07 bis

Durch Deutschland

1.000 km

19.04.07

Traumhafte Fahrt durch den Frühling


Der Start, 15.04.07

Ein Traum wird Wirklichkeit. Gil wollte schon immer unbedingt nach China und seitdem wir vor ca. 10 Jahren von dieser Tour gehört haben, haben wir daraufhin gearbeitet, daß wir eines Tages auf eigenen vier Rädern gen Osten fahren würden. Seit im September 2006 die Anmeldung unterschrieben wurde, fing ein Arbeiten an, wie wir es uns nicht vorgestellt hatten. Alles mußte daraufhin angeschaut werden, daß es sechs Monate lang funktionieren mußte, Anweisungen mußten so erteilt werden, daß die Ausführung nicht kontrolliert zu werden brauchte, oder die Kontrollinstanz gleich mit benannt werden. Alles, was einem zwischen die Finger kam, mußte daraufhin betrachtet werden, ob es sechs Monate liegenbleiben kann. Und wie Vieles konnte nicht liegen bleiben. Je näher der Abreisetermin kam, desto seltener wurde der Schlaf, und wehe man wachte dann wieder auf: an Weiterschlaf war dann nicht mehr zu denken!

Vieles ging zum Schluß noch schief: MacMurpheys Gesetze sind eben Naturge-setze. So stellte sich heraus, daß eine eigens für diese Reise gekaufte Datenkarte für den PC in vielen Ländern, in die wir kommen werden, nicht funktionieren wird - eine falsche Beratung. Mit dem Satellitentelefon war es ähnlich. Zuerst wurde uns die falsche SIM-Karte verkauft, dann funktionierte in Brettorf das Netz nicht: "No Service!" Die Hotline in Irland ließ mich auch im Stich, ein Rück-ruf erfolgte nie. Nach dem letzten Zahnarztcheck brach am Gründonnerstag noch ein Zahn ab - er mußte gezogen werden.

Doch es gab auch erfreuliche Dinge: die Bank versprach über unsere Konten zu wachen, alle Mitarbeiter wollen uns ersparen, nach Hause zu fliegen, unser Sohn war bereit für eine halbes Jahr schwere Verantwortung zu tragen und schließlich helfen uns die guten Wünsche aller Bekannten hinaus ins Unbekannte.

Am Samstag kamen noch einige Nachbarn zur Verabschiedung oder riefen an und heute Mittag um 13 Uhr endlich - 7Stunden zu spät - konnten wir die PCs endlich abschalten.

Der Urlaub beginnt - wie für uns selbstverständlich - mit der ersten Minute. Wir fahren keine Autobahnen sondern Landstrassen. Und so wird jeder Meter Strasse zu einem Erlebnis.

Deutschland hat wunderschöne kleine Gebirgszüge, die wir sehr genießen. So beginnt auch diese Fahrt mit der Strecke entlang des Steinhuder Meeres, weiter geht es zum Deister und unser erstes Ziel ist das Thermalbad Vitasol bei Bad Salzuflen. Der Stellplatz ist mitten im Wald, eine Fußgängerbrücke führt direkt zum Thermalbad. So konnten wir uns abends im 32° C warmen Becken mit Sonne und herrlich blauen Himmel entspannen.

Es ist kaum zu glauben: zum ersten Mal sind wir richtig frei! Es gelingt uns nach der wahnsinnigen Arbeit der letzten Monate kaum das Gefühl zu realisieren.

Edersee, 16.04.07

Am nächsten Morgen fahren wir durch den Naturpark Eggegebirge und genießen den Frühling. Nach dem warmen Winter und dem Frühling haben wir - Mitte April - bereits die Vegetation von Mitte Mai. Die Bäume sind in dem satten appetitlichen Hellgrün, das nur der Mai zu bieten hat. Wir werden in den nächsten 10 Tagen die verschiedensten Vegetationsperioden erleben. Zur Zeit haben wir in Deutschland 26° C und strahlend blauen Himmel, der Frühling ist ganz in seinem Element. Danach kommt Österreich mit Bergen von 2.400 Metern (Tauern) und wir denken, daß dort die Bäume noch nicht grün sind. Dann sind wir dann in Italien, wo der Frühling sicher noch weiter sein wird als hier in Deutschland. Und das alles in so wenigen Tagen. Sehr spannend! Und dabei ist das doch alles erst der Anfang von unserem Abenteuer… Unvorstellbar!

Zurück zu unserer Fahrt: Es ist wunderschön aus dem flachen Land in die ersten Gebirgszüge zu fahren. Auch wenn die Berge hier "nur" 400 Meter hoch sind, für uns ist es gut für Auge und Herz. Alles sieht puschelig aus.

Die ersten Lämmer sind da und die Mutterschafe sogar schon geschoren. Den ersten frischen Spargel bekommen wir auch schon an der Strasse angeboten, ebenso gibt es die ersten Erdbeeren. Juhu!

An die Strecke von Bad Meinberg und Bad Driburg haben wir bereits bei der letzten Fahrt Herzen in den Atlas gemalt. Es ist so schön hier. Unser Ziel: Quer durch Deutschland zum Bayrischen Wald. Hier waren wir wohl schon sehr oft, aber noch nie im Frühling.

Unser erster Spaziergang im Naturpark Eggegebirge führt uns vorbei an hellen Galloway Rindern und Veilchen - direkt zu einem kleinen Bärlauchgebiet. Die Blüten sind schon in Knospe. Also gibt es zu Mittag Schwarzbrot mit Bärlauch und geräucherter Forelle, eine Delikatesse.

Nach der Mittagspause sind wir schon bald in Hessen und sehen unseren geliebten Edersee wieder. Er ist herrlich blau und liegt romantisch zwischen den bewaldeten Höhen. Noch sind keine Touristen hier und wir finden schnell den schönen Stellplatz, den wir noch von unserem letzten Besuch kennen. Auch hier steht nur ein Wohnmobil und so finden wir Zeit, bereits das erste Buch zu Ende zu lesen. Was wollen wir mehr?

Ebern, Franken, 17.04.07

Wir haben in unserm Traumbett bei frischer klarer Luft (11° C) zehn Stunden geschlafen, aber ich bin immer noch müde. So schnell läßt sich der entgangene Schlaf nicht nachholen. Am Morgen besorge ich (Gil) beim Informationszentrum des Kraftwerks Material über den Ursteig (Wildnispfad an den Höhen des Edersees entlang bis zum Hochstaubecken). Vom Nationalpark Kellerwald geht es dann weiter durch das schöne Hessen. Hier gibt es keine Flurbereinigung wie bei uns, die Wiesen wölben sich die Berghänge entlang und die kleinen gebogenen Wanderpfade führen direkt die Hänge hinauf, hinein in die Wälder.

Nun geht es ein Stück die Fulda entlang von Melsungen durch den Knüllwald (497 m). Die schön geschwungene und hügelige Landschaft mit den herrlichen Wäldern (Kaufunger Wald und Habichtswald) lassen heimatliche Gefühle entstehen. Wir haben die "Deutsche Ferienroute Alpen - Ostsee" erreicht. Der Himmel ist bedeckt, das herrliche Blau hat uns verlassen. Trotzdem wird es noch ein schöner Tag. Dazu tragen auch bei: hessische Fachwerkhäuser, kleine vertraute Gärten mit schönen alten Pfingstrosen und Gemswurz, eine wahnsinnig gut gewürzte hessische lufttrockene Mettwurst und romantisch mäandrierende kleine Flußtäler, das alles ist unsere Fahrtbegleitung. Der Weißdorn ist bereits verblüht, es folgen Wildkirschenblüten, Felsenbirnen-, Schlehen- und Holunderblüten. Und am allerschönsten - wir entdecken eine riesige Himmelschlüsselwiese am Berghang. Zum Abschied von der Rhön haben wir zwischen Ehrenberg und Bischofsheim eine Hochrhön-Nebenstecke gefunden, ganz ohne Häuser und Dörfer bis zu 835 m hoch gelegen zwischen Wiesen aus Buschweidenröschen, Knöterich und Himmelschlüsseln. Ein guter Abschied und weiter geht´s Richtung Naturpark Fränkische Schweiz.

In Ebern, einem kleinen mittelalterlichen Städtchen am Rande des Naturparks Haßberge machten wir Schluß auf einem Stellplatz direkt an der Stadtmauer an der Altstadt. Ein Abendspaziergang mit einem Eiskaffee krönten diesen Tag.

Zu unserem Satellitentelefon. Es ist frustrierend. In Brettorf fanden keine Satelliten unsere Richtung und jetzt, nach 560 km durch Deutschland stelle ich fest, daß dieses Land nur ab und zu von einem Satelliten gestreift wird, ansonsten: "Looking for Service!" Wie das wohl dann sein mag, wenn die Verbindung notwendig sein wird?

Großenwöhr, Oberer Bayrischer Wald, 18.04.07

Am nächsten Morgen bleibt mir die Luft weg; endlos Himmelschlüssel am We-gesrand, ein Märchen aus sich wiegenden dunkelgelben "Schlüsselchen".

Heute ist es merklich kälter. Alle Gärten, an denen wir vorbeifahren sind liebevoll gepflegt und die Menschen sind dabei, den Boden vorzubereiten für die Aussaat. Es blühen Tulpen, Blaukissen, Vinca Minor (Immergrün) in Blau und Lila, Gänsekresse und natürlich die herrlichen Frühlingsblüher wie Forsythie, Flieder, Magnolien, die ersten Mandelbüsche und viele mehr. Übrigens habe ich nur alte Menschen bei der Gartenarbeit gesehen. - Die ersten Dahlien werden aus der Überwinterungskiste geholt und in die Erde gesetzt.

Die sanften Wiesenhänge sind gesäumt von Wiesenschaumkraut, Sternenmiere, Ehrenpreis und Knolauchsrauke. Die Straßen sind eingerahmt von hohen Süßkir-schenbäumen in voller Blüte. Wo werden wir wohl die ersten Kirschen essen?
Und immer wieder sind wir am Überlegen, was mit der Natur geschieht in der Zeit, die wir unterwegs sind. Eine ganze Vegetationsperiode werden wir unter-wegs sein: von der Blüte der Birnen bis hin zur reifen Frucht. Welche Früchte werden wir wohl unterwegs kennenlernen, die wir vorher noch nie gesehen haben? Welche Pflanzen werden wir sehen und welches Gemüse werden wir ausprobieren können? - Und das Wichtigste: was wird mit uns geschehen, wie werden die Menschen und Kulturen, denen wir begegnen Einfluß auf uns und unser Inneres haben? Die Rückkehr zur Einfachheit, zu dem was wirklich wichtig ist, das erwarten wir - und haben wir bis jetzt bei unseren Reisen in den Osten auch gefunden. Die natürliche Herzlichkeit der Menschen, ihre Gastfreundschaft und ihre Offenheit, ebenso wie ihre tiefe Verbundenheit mit ihrer Heimat.
Bizarre Kalksteinkanten begleiten unseren Weg. Der Naturpark Fränkische Schweiz ist ein wirkliches Wanderparadies, überall wunderschöne Täler mit ausreichend Parkplätzen und Wanderwegen.

Da wir mal wieder "gasthofscheu" sind, haben wir uns eine gelungene Leberknödelsuppe gekocht. Schade, dass es dies in Norddeutschland nicht gibt. Sehr lecker.

Wir verlassen das verträumte Pegnitztal und damit die Fränkische Schweiz nur ungern. Es war einfach schön hier. - Unser nächstes Ziel ist der - von uns schon über 30 Jahre geliebte - bayrische Wald. Hier sind wir vor vielen Jahren zum ersten Mal mit Rucksack die Gipfel Arber, Rachel und Lusen gelaufen. Seitdem lieben wir dieses Gebiet.

Bad Griesbach, Bayern, 19.04.07

Bodenfrost und 6° C, das paßt zum Bayrischen Wald im April. Trotzdem haben wir strahlenden Sonnenschein und es wird schnell wärmer. Auf meinem Lauf zum Bäcker halte ich das erste Schwätzchen des Tages mit einer für mich typischen "Oma", das heißt rundlich, mit Schürze und frisch geschnittenen Gartenkräutern in der Hand für das Mittagessen. Sie erzählt mir auf meine Frage, daß sie Möhren, Zwiebeln und die ersten Zuckererbsen gesät hat. Uns wir sind uns aus jahrzehntelanger Erfahrung einig, daß es für Bohnen noch zu früh ist. Wir klagen gemeinsam, daß den Gärten heute die "liebevollen Hände" fehlen. Eine solche liebevolle Gartenarbeit bereichert die Seele. Dazu gehört gewiß kein Rasenmähen sondern das sorgfältige "Tüfteln".

Weiter geht es, nachdem wir ein würziges Graubrot beim Bäcker bekommen haben. Am Horizont sehen wir die Bergkette des Böhmerwaldes, daran anschließend beginnt der Nationalpark Bayrischer Wald. Auf der Strasse zum Großen Arber (1456 m) fühlen wir, wie herrlich die Bergwälder im Frühling sind. Unser erster Blick fällt auf den Arber: SCHNEE! Nun eigentlich hätten wir damit rechnen müssen, wir wollten es wohl nicht wahrhaben. Es ist noch sehr früh im Jahr und wir vermuten, daß wir auch Morgen in Österreich Schnee sehen werden.

Eine Mittagspause in 1100 m Höhe mit dem Blick zum Arber und weit über die Berge. Was sind wir doch privilegiert. Wir scheinen die einzigen Touristen zu sein, keine Gastronomie hat bis jetzt geöffnet und die Strassen sind leer. Im Moment ist es nur schwer vorstellbar, daß es irgendwo schöner ist.

Etwas traurig verlassen wir dieses herrliche Plätzchen. Nun sind die Straßengräben voller Sumpfdotterblumen und wir fahren kleine, einsame Wege Richtung Süden.

Als wir an die Donau kommen stellen wir fest, daß die Vegetation viel weiter ist, als bei uns zu Hause: Akelei, Iris und Margeriten blühen und auch der Flieder ist bereits in voller Blüte.

Den Abend verbringen wir in der Therme von Bad Griesbach, sehr exklusiv mit 10 Thermalbecken und wir liegen genüßlich in dem 36° C warmen Wasser genießen noch einmal den Sonnenschein.


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