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Der Regen, der gestern
Abend begonnen hatte, setzte sich in der Nacht fort. Dazu toste ein Sturm
um die Wohnmobile, daß James Bond keinen gerührten, sondern
nur einen geschüttelten Martini bekommen hätte. Doch das hinderte
uns nicht, tief und fest zu schlafen.
Am Morgen hatte sich nichts gebessert und wir verschoben die Abfahrt um
eine Stunde, doch auch dann tobte der Sturm noch mit unverminderter Kraft.
Also losfahren. Es ging nach Osten die Küste entlang. Die Teerstraße
war bald zu Ende und eine Schotterpiste, mehr schwarzer vulkanischer "Kies",
forderte von Wohnis (= Wohnmobile) und Fahrern (na ja, auch Beifahrern!)
Alles. Steigungen und Gefälle von 18%, Waschbretter, die ganze Palette
wurde geboten. Die Landschaft: kargste Lavafelder, nur mit Moos bewachsen,
oder schwarzer Vulkansand. Hier hausen nur Trolle, Elfen und ein paar
Vögel. Bei Krysuvik sehen wir abseits ein großes Gebäude,
eine ehemalige Schule, ein Zeichen für die ehemals dichte Besiedlung,
doch Vulkanausbrüche vernichteten das Weideland. Heute ist kein Hof
mehr bewohnt und in der Schule ist eine Klinik für Suchtkranke untergebracht.
Passend in der Einsamkeit! Ein kleines Stück weiter, am Südosthang
des Palagonitgebirges Sveifluhals, blubbert und dampft es: hier
ist wieder ein Solfatarenfeld mit Lehm- und Schwefelquellen. Nicht
viel weiter kommen wir an den Kleifarvatn, einem ursprünglich
10 km2 großen und bis zu 97m tiefen See. Bei dem großen Erdbeben
im Jahr 2000 taten sich Risse im Grund auf und der See läuft langsam
auf. Bis heute ist sein Wasserspiegel um 4m gesunken. Die Straße
schlängelt sich am ehemaligen Ufer, jetzt an schwarzen Sandstränden
entlang. Nach einer Passhöhe kommen wir wieder in die Lavaniederung
von Reykjavik.
In der nördlichsten Hauptstadt Europas lebt mehr als die Hälfte
der Bevölkerung Islands, doch sind Hochhäuser selten. Ein übersichtlicher
Stadtplan macht es uns leicht, durch die Stadt zu finden. Unser erstes
Ziel ist Perlan, ein architektonisch gelungener Wasserspeicher,
in dem zusätzlich ein Restaurant und ein Museum untergebracht sind.
Im Zentrum, neben dem Treppenhaus steigt alle paar Minuten ein Wasserfontaine
12m in die Höhe. Von der Aussichtsplattform hat man eine gute Rundumsicht
über die Stadt. Neben dem Speicher hat man einen Geysir nachgebaut,
der regelmäßig Wasserdampf ausstößt. Ein weitere
Attraktion ist das Einkaufszentrum Kringlan, das wir uns aber schenkten.
Statt dessen steuerten wir unseren Campingplatz neben dem Schwimmbad an.
Ein Szegediner Kraut war bei diesem Wetter genau das Richtige.
Heute Morgen war bis 14:00 Uhr frei. Das heißt, schlafen bis 09:00
Uhr, dann schwimmen gehen. Dieses Sundlaug ist einer Hauptstadt würdig:
großes 50m Becken mit Verbindung in ein zweites Schwimmbecken und
fünf Hot Pots in 2°C-Abstufungen von 38°C-45°C. Dazu
Dampfsauna und Solarium. Das Wetter hat sich auch gebessert, es windet
zwar noch sehr, aber die Sonne macht Alles viel schöner.
14:00 Uhr Stadtrundfahrt. Ein paar Highlights seien hier erwähnt:
Das Höfdi-Haus beherbergte 1986 Gorbatschow und Reagan zu
ihrem ersten Gipfel.
Die Hallgrimskirkja erinnert in ihrem Äußeren an eine
Basaltformation. Sie wird nicht nur als Kirche, sondern auch für
kulturelle Zwecke genutzt. Dann werden die Lehnen der gepolsterten Bänke
einfach gedreht und der Blick geht weg vom Altar zur 72-Register-Orgel
des Bonner Orgelbauers Hans Gerd Klais.
Das moderne Rathaus wurde wegen Platzmangel in den Stadtsee hineingebaut, es bildet einen Kontrapunkt
zu den benachbarten Häusern des Altstadtviertels. Hier kann
man die Besonderheit der isländischen Architektur bewundern: Holzgrundkonstruktionen
werden mit Wellblech verkleidet, wobei Fenster und Dachränder häufig
mit kunstvollen Schnitzereien verziert sind.
Im Hafen trafen wir auf Walfangschiffe und ein Fabrikmutterschiff.
In diesem Jahr hat die isländische Regiergung den Fang von 25 Walen
genehmigt.
Reykjavik heißt "Rauchbucht" auf Grund der heißen
Quellen, die hier zu tage traten, denn heutzutage werden sie dazu genutzt,
die Stadt mit heißem Wasser und Heizung zu versorgen.
Wir erfuhren auch etwas über das soziale Leben in Island:
Der Lebensstandard ist sehr hoch, deshalb haben fast alle Leute mindestens
zwei Jobs. Das bedeutet dann, daß Männer im Durchschnitt 51
Stunden in der Woche arbeiten, Frauen 35, da ja noch die Familie zu versorgen
ist. Die Bevölkerung ist noch im Wachsen begriffen, jede Familie
hat mindestens zwei Kinder. Man fragt einen Anderen nicht, hast du ein
Kind, sondern wie viele Kinder hast du? Mietwohnungen spielen in Island
keine Rolle, es wird eine Wohnung gekauft. Jüngere Familien kaufen
Wohnungen und bei steigendem Verdienst wird sie verkauft und eine Größere
angeschafft, mit staatlicher Unterstützung. Auf das Einkommen werden
38,5% Steuern gezahlt, wobei bei den ersten 100.000 Kronen (1.500 Euro)
25% steuerfrei sind. Der Durchschnittsverdienst liegt bei 2.000 Euro.
In diesen Steuern ist die Krankenkasse (staatlich), die Rente und die
Kirchensteuer enthalten. Die Kirche ist staatlich, Pastoren sind Angestellte
des Staates! Heizung und Heißwasser beispielsweise kostet für
eine 100m2 Wohnung ca. 13 Euro pro Monat. Das warme Abwasser wird in Rohren
als Fußbodenheizung in Garagenauffahrt und Fußweg gelegt,
da es eben Abwasser ist. So wird auch die letzte Wärme genutzt. Isländer
haben mit die höchste Lebenserwartung: sie liegt bei Frauen bei 82
und 76 Jahren bei Männern. Das Rentenalter liegt bei 67 Jahren, die
meisten arbeiten bis 70.
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Heute morgen war
Sommer. Sonne und kein Wind erlaubten es, nur im T-Shirt zu gehen, das
erste Mal auf dieser Reise. Heute stand eine kurze Tour auf dem Programm:
Die Straße 76 nach Pingvellir (dieser seltsame isländische
Buchstabe sieht nur einem P ähnlich. Da er aber wie das englische
TH ausgesprochen wird, wäre es eigentlich besser, Thingvellir zu
schreiben). Uns war diese Tour zu uninteressant, deshalb fuhren wir eine
andere Route. Wir nahmen die 1 nach Hveragerdi. Wir mußten
wieder das große Lavagebiet um Reykjavik mit seiner Kargheit durchqueren.
Die Farbenspiele faszinierten uns wieder, was in vielen Fotos versucht
wurde, zu konservieren, doch ich glaube nicht, daß uns das sonderlich
gut gelungen ist.
In Hveragerdi befindet sich mitten in der Stadt ein geothermisch
aktives Gebiet, dem ein Gewächshaus mit integriertem Café
angeschlossen ist. Leider hatte es noch geschlossen, so daß wir
zu unserem nächsten Punkt fuhren: Kurz vor Selfoss biegt die
35 nach links ab. Gleich danach fallen große Geröllbrocken
auf, die am Bergabhang verstreut liegen. Viele haben eine bunte Tür,
Sinnbild für Elfen und Huldren, die sich hier wohl fühlen müssen.
Weiter führt uns unser Weg am Pingvallavatn vorbei zur historischen
Stätte Pingvellir.
Pingvellir ist der historische Parlamentssitz Islands. Bis 1798
trat hier das Parlament im Juli für 10 Tage zusammen, um Gesetze
zu beraten und Recht zu sprechen. Nicht nur historisch, auch geologisch
ist Pingvellir von Bedeutung. Hier ist die tektonische Bruchstelle
zwischen Europa und Amerika. Die Schlucht verläuft in Verlängerung
des nordatlantischen Rückens. Noch heute driften die beiden Kontinentalplatten
um 2cm pro Jahr auseinander. Und noch etwas macht den Ort für uns
bedeutsam: Der norwegische Kronprinz geruhte mit Gemahlin in Pingvellir
zu speisen und beim Verlassen des Lokals winkten sie uns huldvoll zu.
Bisher war das Wetter hochsommerlich gewesen, doch jetzt wurde es wieder
isländisch. Dunkle Wolken brachten schnell Regen, der uns für
ein paar Stunden in die Wohnwagen scheuchte. Doch am Abend war alles wieder
vorbei und die Sonne brachte uns die Mücken wieder.
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Heute sollte es zu
einem Synonym für Island gehen: zum Geysir. Nicht zu irgendeinem
Geysir, sondern zu dem Geysir - dem Urvater aller Springquellen,
die allen anderen ihren Namen gab. Doch zunächst ging es über
die gut zu befahrene Schotterpiste 365 nach Laugarvatn. Der Name
sagt es schon: See der heißen Quellen. Der Ort liegt inmitten grüner
Wiesen am Rand eines Geothermalgebietes. Die heißen Quellen im Ort
förderten den Bau von Gewächshäusern, doch da der Erlös
sich nicht lohnte, wurden sie wieder abgerissen. Die aus dieser Blütezeit
stammende Schule beherbergt heute eine Bibliothek. Bald stoßen wir
auf die geteerte Straße 37, die später in die Rennstrecke 35
von Sellfoss übergeht und an den uns überholenden Bussen merken
wir, daß wir uns einem Inbegriff Islands nähern: dem Geysir.
Plötzlich beginnt es neben der Straße zu dampfen und fauchen
und dann steigt eine große Dampfsäule auf. Dies ist nicht der
der Geysir, sondern der Strokkur, das Butterfass, der ca.
alle 8-15 Minuten eine Dampfsäule hin die Höhe schießen
läßt, die bis 20m hoch ist. Der Geysir, der zur Unterscheidung
Stora (Großer) Geysir genannt wird, hat heute seine Tätigkeit
weitgehend eingestellt. Nach dem Erdbeben im Juni 2000 schoß plötzlich
eine 40m hohe Wasserfontaine in die Luft. Heute kann es vorkommen, daß
er zweimal am Tag aktiv wird, aber nicht höher spritzt als 10m. Doch
hat er im Laufe der Jahrhunderte die weitaus größten und eindrucksvollsten
Sinterterrassen gebildet.
Ein Islandbesuch ohne Geysir ist fehlgeplant und wenn man schon in dieser
Gegend ist, dann fährt man auch 12 km weiter zum Gullfoss,
dem Goldenen Wasserfall. Den Namen soll er vom Sonnenlicht haben,
daß abends golden vom milchigen Gletscherwasser reflektiert wird.
Er ist schon beeindruckend, wie er in zwei fast 90° zueinander stehenden
Stufen in die tiefe Schlucht donnert und die Gischt als Sprühregen
weithin zu sehen ist.
Damit sind die "Touriorte" hier abgehakt und wir haben genug
von Menschenmassen. Die Einsamkeit ruft, der Hekla winkt zu uns
herüber. Wir haben uns drei (!) Tage abgemeldet, um ein wenig auf
Abenteuersuche zu gehen. Der Hekla, der Höllenberg regte schon
im 11. Jahrhundert die Fantasie der Menschen auch des Festlandes an, Seelen
der in Schlachten Getöteten flogen heulend um den Gipfel und stürzten
sich dann in den Höllenschlund. Die Reiseführer äußern
sich recht unterschiedlich darüber, wie weit man man mit einem Wohnmobil
an den Berg herankommt. Wir wollten es ausprobieren.
Doch vorher machten wir einen Abstecher zum Landmannalaugar. Wir
wollten den warmen See sehen, in dem man baden können sollte. Die
Strecke wurde als interessant beschrieben, der See gilt als Ausgangspunkt
für Treckies, deshalb gibt es auch einen Zeltplatz dort, den wir
allerdings nicht zu erreichen hofften, denn eine Furt war für uns
unpassierbar. Aber der Weg ist das Ziel.
Die Straße Nr. 30 nach Süden in Richtung Selfoss war asphaltiert.
13km nach Fludir bogen wir links in die 32 ein, die uns, auch geteert,
langsam hinauf in die Berge beförderte. Hier war noch alles schön
grün, Kühe gab es hier und die Höfe machten einen guten
Eindruck. Bald bog links die F26 ab, das "F" signalisiert
eine Hochlandpiste. Noch einmal überlegen, wollen wir das wirklich?
Wir wollen. Bis zur Tankstelle Hrauneyjalon ist sie noch asphaltiert.
Hier warnt ein Schild, daß die nächste Tankmöglichkeit
in 243km besteht. Also an die Säulen. Noch letzte Erkundigungenüber
den weiteren Weg,es war als wollte man Leute, die schon so bekloppt waren
mit dem Wohnmobil weiter zu wollen, nicht aufhalten. Wir verließen
den letzten Vorposten der Zivilisation und bogen in die F208 ein
- und waren in einer anderen Welt. Hier hat sich der Hekla und seine Mitvulkane
in den vergangenen Jahrhunderten ausgetobt. Lavafelder, von der Erosion
zernarbt, Aschefelder, soweit das Auge reicht. Black Desert, oder doch
ein anderer Planet? Die Piste war entweder von Lavabrocken übersät,
oder bestand aus schwarzem Sand. Kilometerlang kein Grashalm bis hin zu
den Berghängen, die entweder schwarz waren oder teilweise von einer
grünen Patina bedeckt waren, von Moos. Dann kamen Stellen, da gab
es Strandhaferbüschel wie in weißen Dünen. An manchen
Stellen versuchten kleine Grasnelken, Stengelloses Leimkraut und Moossteinbrech
zaghafte Farbtupfer in die schwarze Welt zu setzen. Die Fremdartigkeit
wurde unterstrichen von einem scharfen Wind, der Regentropfen mit schwarzem
Sand um die Wette fliegen ließ. Die Piste forderte volle Konzentration.
An manchen Steigungen und Gefällestrecken stiegen wir aus und diskutiertem
im Sturm, ob unsere Autos die Strecke auch wieder hinaufkommen würden,
runter war ja nicht das Problem, ich habe nur Frontantrieb, ein Zweiter
zwar Hinterradantrieb und Zwillingsreifen, aber er war schwerer als ich.
Nur für den Dritten war alles kein Problem, er hat Vierradantrieb.
Die Strecke wurden für fahrbar befunden, auch wenn es länger
regnen sollte, also weiter. Nach drei Stunden standen wir wieder auf einer
Kuppe und schauten eine Gefällstrecke hinunter. Mindestens 20%, loser
Schotter und Sand. Hier war unser Weg zu Ende. Da würde ich nicht
wieder hochkommen! Nun würden wir den Landmannalaugar nicht
zu sehen bekommen. Schade. Also zurück, bis wir an eine Stelle kommen
würden, wo wir die Nacht stehen konnten, denn Parkplätze gab
es keine. Nach einer Stunde war so ein Platz gefunden. Der Sturm hatte
an Stärke zugenommen und rüttelte wütend an den Autos.
Gemütlich war das schon nicht mehr! Doch ein gemeinsames Bier und
ein Danziger Goldwasser ließen alles in einem rosigeren Licht erscheinen.
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In der Nacht hatte
der Wind ein wenig abgeflaut, ließ aber einen Aufenthalt im Freien
ungemütlich werden, da wir keine Staubbrillen dabei hatten und das
Knirschen des Sands im Mund auch nicht angenehm war. Aber es regnete nicht
mehr und es war ein bißchen heller. Wir machten uns auf den Rückweg
zur F26, bogen dann aber statt auf die 32 in die 26 nach Süden ein,
um dann nach ein paar Kilometern noch einmal links in die F225 abzubiegen,
die uns näher an den Hekla heranbringen sollte. Diese Straße
führt auch nach Landmannalaugar, doch durch etliche bis zu
50cm tiefe Furten. Unser Ziel war ein Abzweig eins Wanderweges nach Norden
direkt zur Hekla. Wieder ging es über Lava- und Aschefelder hinweg.
An vielen Stellen war die Asche mit hellen Steinen übersät,
die sich bei näherer Betrachtung als Bimssteine herausstellten.
An dem Abzweig nach Norden machten wir Halt. Der Sandsturm verleidete
mir das Aussteigen, doch unser Extremsportler Wolfgang wollte es wissen
und fuhr mit seinem Allradwohni noch ein Stück weiter und hielt es
dann noch eine halbe Stunde im Wind aus. Mir war das zuviel, ich wartete
weiter unten auf ihn.
Nach diesem Tag hatten Alle genug und wir suchten nur noch ein Sundlaug,
um uns den Sand aus den Poren zu spülen. Bei Matteinstunga
kurz vor Hella wurden wir fündig. Doch vor dem Bad mußte
noch das Auto gereinigt werden. Der feine schwarze Sand hatte innen Alles
mit eine gleichmäßigen Schicht überzogen. Betten, Boden,
Herd usw.. Alles mußte gesäubert werden! Doch endlich konnten
wir uns in den verdienten Hot Pot legen und den Tag Revue passieren lassen.
Wir hatten viel erlebt und eine Landschaft kennengelernt, die wir so schnell
nicht wieder erleben würden. Trotz aller Anstrengung, es hatte sich
gelohnt!
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Der Regen der Nacht
hielt auch heute Morgen noch an, doch das focht uns nicht an. Wozu haben
wir ein Wohnmobil? Wir haben uns heute von unser Kleingruppe freigenommen.
Sie wollten in Hella das Fest der Islandpferde besuchen, uns zog
es nach Solheimar, einem anthroposophischen Dorf im Stiel Rudolf
Steiners. Hier erlebten wir ein harmonisches Miteinander von Behinderten
und Nichtbehinderten. Das Dorf strahlt diese Harmonie bis in seine Architektur
und die Dorfanlage aus, davon können alle isländischen Dörfer
viel lernen. Während die Häuser in isländischen Dörfern
vor Tristesse und langsamem Zerfall vor sich hin gammeln, ist hier jedes
Haus ein Schmuckstück mit Wintergarten am Eingang, der liebevoll
mit Pflanzen und Sesseln zum Verweilen einlädt. Das Tal ist mit Bäumen
bepflanzt, überall ist eine sorgsame Hand spürbar. Man meint
so gar nicht im kargen Island zu sein.
Im Reiseführer war von einer Straße die Rede, an der man Bimssteine
finden konnte. Wir haben ja gestern schon am Hekla Felder von Bimssteinen
gesehen, auch sind die Schotterpisten oft mit Bims belegt, doch aus dem
Reiseführer meinten wir zu lesen, daß an der 268, die
auf der Westseite ziemlich nah am Hekla vorbeiführt, größere
Vorkommen sein müßten. Also bogen wir kurz hinter Hella
wieder Richtung Hekla ab, quälten uns Stunden über Schotterpisten,
fuhren durch eine wunderschöne Gegend, aber Bims sahen wir wenig.
Da waren die Vorkommen gestern bei weitem größer!
Am Abend trafen wir uns mit den beiden anderen Mobilen in Hella und fuhren
gemeinsam nach Hvolsvöllur. Am dortigen Sundlaug auf dem Parkplatz
beendeten wir den Tag - natürlich im Hot Pot. Und das war auch gut
so, denn wieder einmal regnete es und der Regen zog die Temperatur in
den Keller.
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Das Sundlaug hatte
ab 07:00 Uhr geöffnet, was wir ausnutzten und um 1/2 8 Uhr im Wasser
lagen. Zum Glück wußten wir vom Abend her, wo das Schwimmbad
lag, denn die Sicht lag heute Morgen bei 10m. Als wir genüßlich
im 40°C heißen Hot Pot lagen und in den tropfenden Nebel blinzelten,
kam der Bademeister mit einem Träger Kaffeetassen und einer Thermoskanne
und fragte uns, ob wir Kaffee wünschten. Das war ja wie in 1001 Nacht!
Herrlich! Eine Steigerung ist nicht mehr möglich. Da kann einem doch
das Wetter gestohlen bleiben! Nach einem anschließenden Frühstück
hatte sich der Nebel soweit gelichtet, daß die Unterkante bei 20m
lag. Dieser Landstrich ist plattes Land, entstanden durch Sedimentablagerungen
der Gletscher, die das Zeug die Steilküste hinabgeschoben hatten.
Diese Steilküste liegt nun landeinwärts und man kann sich gut
vorstellen, wie früher das Meer gegen die Felsen gebrandet ist. Für
uns sah es hier heute Morgen wie Ostfriesland aus, da wir in dem Nebel
nichts von den Felsen sahen. Doch mit der Zeit lichtete sich der Nebel
etwas, so daß wir links von der Straße den Seljalandsfoss
liegen sahen. Wenn man es etwas feuchter mag, kann man hinter dem Wasserfall
hindurchgehen. Der Seljafoss stürzt 40m tief die Basaltklippe herab.
Zwei dünnere begleiten ihn.
Wasserfälle gehören zu Island wie Islandpferde und Geysire und
so mag es nicht wundern, daß wir ein paar Kilometer weiter auf den
nächsten Wasserfall trafen: den Skogafoss. 60m tief stürzt
er die ehemalige Steilküste herab. Wer mag, kann 380 Stufen hinaufsteigen,
um oberhalb eine weitere Kaskade zu finden.
Die nächste Attraktion wartete auf uns. Ein unscheinbarer Hinweis
an der Straße:Sólheimerjökull. Eigentlich suchten
wir die Straße 221, die uns hoffentlich nahe an den Gletscher bringen
würde. Zum ersten Mal gab es das Straßenschild nicht. Doch
das unscheinbare Schild war der Schlüssel. 6km ging es auf übelster
Schotterpiste nach Norden. Entgegenkommende Fahrzeuge bestätigten
unsere Hoffnung. Dann kam ein normaler Reisebus die einspurige Straße
hinab mit einem Jüngelchen am Steuer, der von der Situation völlig
überfordert war. Er lavierte seinen Bus neben das Alkovenwohnmobil
vor mir, berührte es, hielt an, legte die Arme auf das Steuerrad
und rührte sich nicht mehr. Mit Klappspaten, um die Straße
zu verbreitern schafften wir es, das Womo an dem Bus vorbei zubekommen.
Die beiden anderen Mobile waren dann vergleichsweise einfach.
Dann nach einer weiteren Kurve und einem
"Blindhaedir", einer Kuppe, sahen wir ihn vor uns, den Sólheimerjökull,
für uns der schwarze Gletscher, denn das Eis war mit schwarzem Sand
bedeckt, der von umliegenden Felsen und Endmoränen hergeweht war.
Überhaupt, das Fehlen hellen Sandes oder heller Felsen machte alles
sehr düster. Vielleicht hätte Alles bei Sonne freundlicher ausgesehen,
aber wir waren schon froh, daß nur der Nebel fisselte und es nicht
richtig regnete.
Wir hatten endlich unseren ersten isländischen Gletscher gesehen
und hochgestimmt fuhren wir weiter. Es war nicht mehr weit bis zum Kap
Dyrhólaey, dem südlichsten Punkt des isländischen
Festlandes. Dieses Naturschutz- und Vogelschutzgebiet sollte man sich
nicht entgehen lassen. Schon am Beginn der Zufahrt fordern skurrile Erosionsformen
von Felsen eine Halt. Im weiteren Verlauf windet sich die Schotterstraße
zum Kap empor. Oben hat man eine herrlichen Rundblick auf schwarze Sandstrände
und 120m hohe Felsen mit dem markanten Felsentor, das dem Kap seine Namen
gab: Torhügelinsel. Etwas weiter draußen ragen die dunklen
Felsspitzen Reynisdrangar aus dem Wasser, versteinerte Trolle,
die der Sonnenaufgang versteinert hatte, denn Sonne können Trolle
nicht vertragen. Das haben schon zwei auf den Färöer erfahren
müssen.
Östlich vom Kap gab es einmal einen
kleinen Hafen, oder besser, in Ermangelung eines Hafens hatte man einen
natürlichen Slip benutzt, um Schiffe an Land zu ziehen. Die Pfeiler
und Rollen sind noch zu erkennen. Oben auf dem Kap steht ein Leuchtturm.
Die Zufahrt ist sehr steil (12-16%) und schotterig, eine reine Angstpartie,
aber die Aussicht entschädigt für den Angstschweiß. Hier
endlich sahen wir Papageientaucher aus aller nächster Nähe in
großer Zahl. Es sind schon possierliche Vögel. Nur schwer konnten
wir uns trennen. Doch langsam wurden wir müde, hatten wir heute doch
so viel gesehen und erlebt, was wir nicht erwartet hatten. Es wurde Zeit,
auf den Campingplatz nach Vik zu fahren und sich in den Schoß
der großen Gruppe zurückzubegeben. Unser Absetzen hatte sich
gelohnt. Was haben wir in diesen 3 Tagen alles gesehen und viel unkomplizierter,
als es in der großen Gruppe gewesen wäre.
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Das Wetter hatte
sich nicht geändert. Der Morgen zeigte sich in tiefem Grau, die Wolken
hingen tief. Eigentlich bräuchten wir klares Wetter, um auf der vor
uns liegenden Strecke die Aussicht auf den Vatnajökull genießen
zu können. Doch was soll´s, man muß alles nehmen, wie es
kommt. Bevor wir Vik verlassen, machen wir noch einen kleinen Abstecher
an die Küste, um einen Blick auf Reynisdrangar von dieser Seite
werfen zu können. wir sind den Trollen hier wesentlich näher.
Uns beschäftigt aber mehr der Vogelfelsen. Unten haben sich die Möwen
auf der Basaltformation versammelt, weiter oben im grünen Teil tummeln
sich Hunderte von Papageientauchern.
Die Straße von Vik führte uns über den Myrdalssandur.
Diese Sanderfläche wird in allen Reiseführern als gefährlich
beschrieben, einerseits weil in Trockenzeiten ein scharfer Wind den Sand
sandstrahlmäßig über die Fläche treibt - bestimmt kein
Vergnügen! - andererseits weil immer die Gefahr von Gletscherläufen
besteht. Es hat wohl mal an der Straße ein Schild vor diesen Gefahren
gewarnt, es ist in allen Reiseführern abgebildet, aber sie sind verschwunden,
aus welchem Grund auch immer. Über den Sand hat man einen guten Blick
auf den Kötlujökull, einen Ausläufer des Myrdalsjökull.
Auf der Strecke sehen wir eine kleine Erhebung übersät mit kleinen
Steinhaufen. Um Glück auf der Reise zu haben, ist hier üblich,
ein Troll zu bauen. Dazu läßt die Straßenverwaltung jedes
Jahr eine LKW-Ladung Steine anfahren.
Schon vor Kirkjubaejarklaustur werden die
ersten Gletscherzungen des Vatnajökull, die unter Wolkengrenze
reichen, sichtbar. Bald erreichen wir den Campingplatz in Kirkjubaejarklaustur
und während sich einige Unentwegte auf eine Wanderung begeben, besuchen
die, die es besser wissen, den Hot Pot im Sundlaug.
Die Nacht blieb trocken, auch wenn unsere Handtücher nicht trockneten.
Auch dieser Morgen brachte nicht die erhoffte Wetterbesserung. Doch auf
Sonne zu warten, können wir uns nicht leisten, unsere Tage neigen sich
dem Ende zu. Wir machten uns auf den Weg durch den Skeidararsandur
nach Skaftafell. Auf der Strecke sahen wir die Zeugen des letzten
Gletscherlaufes des Vatnajökull von 1996. Unter dem Vatnajökull
ist ein äußerst aktives Vulkangebiet. Bei den Ausbrüchen
steigt durch Schmelzwasser der Wasserspiegel des Grimsvötn unter
dem Eisschild an. Igendwann schwimmt dann die Eismasse auf und bewegt sich
abwärts. Gewaltige Wassermassen stürzen plötzlich zu Tal
und reißen Eisbrocken bis zu 2.000 Tonnen mit sich, dazu Unmengen
an Sand und Geröll. Das nennt man Gletscherlauf.
So ist 1996 ein großer Teil der Ringstraße und eine 900m lange
Brücke fortgerissen worden. Einige Träger hat man zu einem Mahnmal
für die Naturgewalten aufgebaut.
Kurz dahinter liegt Skaftafell und unser Campingplatz. Hier ist der
Ausgangspunkt für Wanderungen zum Vatnajökull und Svartifoss,
einem Wasserfall, der über eine schöne Basaltsäulen-Kaskade
herabstürzt. Nachher sind wir dankbar für einen Hot Pot mit Schwimmbad
ein paar Kilometer weiter. Übrigens das erste Schwimmbad, das nicht
mit Geothermalwärme betrieben wird, sondern wo eine Müllverbrennungsanlage
zur Erwärmung des Wassers genutzt wird! |
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Wir müssen da
oben bei irgend jemandem einen Stein im Brett haben: heute Morgen war
strahlend blauer Himmel und die Sonne lachte vom Himmel. Der Wind war
moderat. Und das Alles bei unserem heutigen Programm. Wir begaben uns
wieder auf die Ringstraße nach Jökulsárlón.
Der Weg dahin war eine Sightseeing Tour entlang der Gletscherzungen
des Vatnajökulls. Einige enden nur 0,5-1km vom Meer entfernt.
Bei diesem Wetter war das Meer herrlich blau und die Gletscher leuchteten
schneeweiß. Na ja, nicht alle. Manche wurden, je tiefer sie kamen,
immer dunkler. Dann gab es welche,vor denen leuchtete ein saftiges Grün,
ja und dann kam der Breidamerjökull, der in den Jökulsarlon
kalbt. Dieser bildet eine Lagune, in der Eisberge schwimmen, Eisberge
hoch wie Einfamilienhäuser oder klein wie kühlschrankgerecht.
Bei diesem Sonnenschein sah das Wasser der Lagune blau aus, die Eisberge
leuchteten weiß und blau. Es war fantastisch! Man hatte das Gefühl,
in Klein-Grönland zu sein. Das wurde nun auch vermarktet. Für
200 Kronen/Personen konnte man sich 40 Minuten mit einem Amphibienfahrzeug
durch den See schippern lassen. Trotzdem ein einmaliges Erlebnis!
Die Gruppe fuhr dann 10km zurück, um den Rest des Tages auf einem
Frei-Campingplatz zur freien Verfügung zu haben. Wir, das sind Biggi
und Ossi aus Berlin und Bibi und Wolfgang aus Österreich und wir
haben uns abgemeldet bis zum Donnerstag Morgen an der Fähre in Seydisfjördur.
Wir fahren zusammen weiter, genießen im weiteren Verlauf das Gletscherpanorama.
In Höfn machen wir Halt, um einzukaufen und danach das dortige
Sundlaug aufzusuchen. Ich glaube, so langsam werde ich süchtig nach
Hot Pots! Über die Bucht haben wir einen letzten Ausblick auf den
Vatnajökull und seine Ausläufer. Was haben wir Glück,
daß die Sonne uns diesen Anblick verschönt!
Ein Stück wollen wir noch weiter fahren. Kurz hinter Höfn zweigt
rechts eine Straße nach Stokksnes ab, einer einsamen Lagunenspitze,
wo man auch Robben erleben können soll. Die Piste führt malerisch
zwischen Steilküste und Meer entlang, endet hinter einer NATO-Horchstation
im Sand. Ein wunderschöner, einsamer Platz mit schroffen wilden Felszinnen
im Rücken und Felsen im Wasser, ideal für Robben. Doch es waren
keine da. Also zurück auf die Ringstraße, die sich hier von
ihrer schönsten Seite zeigte: Schotterpiste mit 16% Steigung. Das
ist wohl auch den Isländern vornehmlich im Winter zu haarig, deshalb
wird gerade an einem Tunnel gebaut. Ein paar Kilometer weiter, in Stafafell,
zweigte eine Piste Richtung Vatnajökull ab, ein Campingplatz
sollte am Ende sein. Dort wollten wir die Nacht verbringen. Doch nach
einem kurzen Stück kam eine recht demolierte Holzbrücke. Noch
rechtzeitig sahen wir das Schild: Nur 2t. Damit war unser Weg zu Ende.
Auch die Furt neben der Brücke wollten wir uns nicht antun. Ein schöner
Platz in der Sonne mit Blick über den Sander bis zum Meer verleitete
uns, die Stühle rauszuholen und bei Getränken und Gitarre den
Abend zu beschließen.
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Ein neuer Tag, entgegen
den Voraussagen der Isländer ist es wohl doch kein Föhn, es
scheint der Sommer ausgebrochen zu sein. 17°, wolkenloser Himmel.
Die Isländer stöhnen, ihnen sei zu heiß. Einem ist bestimmt
zu heiß: dem Asphalt. Er wird weich, bleibt an Reifen und Schuhen
kleben! Es ist kaum zu glauben!
Die Ringstraße windet sich an der Küste entlang und zwängt
sich zwischen Steilhänge, die mit Schotterhängen abwechseln,
und Meer. Nach jeder Kurve ein neuer Ausblick auf die Felsen- und Küstenlandschaft.
Immer wieder neue Farbkompositionen. Man könnte nur schauen und nicht
fahren. Doch allzu bald ist Djupivogur erreicht, unser heutiges
Etappenziel. Wieder verbringen wir ein paar Stunden im Sundlaug. Danach
ist uns so wohlig, daß ein Käsefondue, zu dem wir eingeladen
werden, genau das Richtige ist. Inzwischen ist auch der Rest der Gruppe
eingetroffen und der Abend endet in großer Runde bei Whisky, Wein
und Bier.
Der Sommer nimmt kein Ende. Wieder ein neuer Sommertag. Dies ist unser
letzter Reisetag in Island. Morgen geht es auf die Fähre. Wir wollen
den Tag besonders genießen. Wir fahren nicht den kurzen Weg durch
die Berge, zumal die Ringstraße dort nicht asphaltiert ist, sondern
wir fahren weiter die Küste entlang. Wieder erwartet uns ein wilde
Küste, die jede Windung der Fjorde mitmacht. Ansiedlungen sind selten,
oft sind Höfe verlassen. Hinter Breiddalsvik machen wir Halt
am Café Margret, vor dem eine Niedersachsenfahne weht. Die
Inhaber, Margret und Horst sind hierher ausgewandert. Bei Kaffee und Kuchen
genießen wir den Blick über den Fjord. Bei Reydarfjördur
müssen wir die Küste und die Straße Nr.96 verlassen,
die weiteren Buchten sind per Auto nicht nicht erreichbar. Es geht über
das Gebirge nach Egilsstadir, wo sich unser Kreis schließt.
Ein letztes Mal tanken, um die Dieselsteuer "abzutanken", ein
letztes Mal Sundlaug. Was werde ich die Hot Pots vermissen! Nur ungern
verlassen wir die 40°C Pots und machen uns auf den letzten Weg über
das Gebirge, das heute so freundlich aussieht. Kleine Schneereste neben
der Straße, aufgeweichten Teer auf der Straße. Wie anders
war es hier bei Schnee, Regen und Nebel vor vier Wochen. Eine Ewigkeit
ist das her, und doch könnten wir gleich wieder umdrehen und wieder
losfahren in dieses Land, das so klein ist und doch ein so großes
Herz hat.
Auf 2.823 km haben wir unsere Spuren hinterlassen und doch nur eine kleinen
Teil von diesem Land gesehen. Wir werden wiederkommen, irgendwann einmal
mit mehr Zeit. Versprochen!
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