Entdeckerreise 2007: Auf den Spuren Marco Polos

Bericht 28: Nach Hause



16.09.07 bis

Nach Janóv Lubelski (PL)

21.09.07

bis Klodzko (PL)


Nach Janóv Lubelski, 16.09.07 (PL)

Pünktlich um 8:00 Uhr war der Pope da und baute seinen Behelfsaltar auf einem Campingtisch auf. Ein Gebet auf Weißrussisch, dann schritt er singend an unseren Autos vorbei, bespritzte sie mit Weihwasser und segnete sie. Auf deutsch wünschte er uns eine gute Heimfahrt.

Heute hat Brigitta Geburtstag. Beim morgendlichen Briefing mußte der Reiseleiter erst auf den Geburtstag hingewiesen werden. Ich enthalte mich einer Bewertung.

Die Erklärung des Grenzprozederes war kurz, es erwartete uns nichts Außergewöhnliches, wir waren grenzerfahren. Ich gab eine kurze, nichtssagende Erklärung ab, daß ich direkt nach der Grenze nach Süden abbiegen wollte, da ich meine Fahrt durch den Weg über die Slowakei und Tschechien verlängern wollte. Ein kurzes Händeschütteln rundum - von den mir liebgewordenen Leuten, denn die gibt es, hatte ich mich schon vorher verabschiedet - dann ging es zur Grenze, die nur knapp 15 km entfernt ist.

Auf der weißrussischen Seite mußten pro Person 3.000 weißr. Rubel (1 Euro) Ökoabgabe (sind wir denn so schmutzig?) bezahlt werden, dann die KFZ-Angaben überprüfen, den Ausreisestempel in den Paß und nach einer Stunde standen wir auf der polnischen Seite, um in die EU einzureisen. Das dauerte nur 5 (in Worten: fünf!) Minuten, dann waren wir in Polen. Ein letztes Abmelden über Funk, dann wurde er abgeschaltet, dann waren wir frei.

Wir konnten es gar nicht fassen! Kein 12 t Wohnmobil vor uns, kein Funk, keine Aussicht 400 km zu fahren und die Möglichkeit, jederzeit anzuhalten.

Wir versuchten uns an diese Freiheit zu gewöhnen. Wir machten mehrmals Pause, nahmen an einem kleinen skleb (Geschäft) einen Imbiß zu uns, gingen im Wald spazieren und dümpelten so vor uns hin.

Nach 40 Kilometern Richtung Warschau bogen wir nach Süden auf eine kleine, in der Karte gelbe, Straße Richtung Lublin ab. Nach gesamt 250 km machten wir Halt an einem kleinen Ausflugslokal im Wald, wo wir über Nacht stehen bleiben durften. Zum Abendessen gab es Kielbasa, polnische Würstchen vom Grill. So denken wir uns unsere Abende.

Während ich das schreibe, denke ich an die Gruppe, die wohl gerade in Warschau zum Anschlußessen geht. Bei dem vorher stattfindenden Umtrunk von Brigitta wäre ich gerne dabei gewesen, aber ich trinke Dir von hier aus zu: alles Gute zu Deinem Geburtstag!

Das anschließende Abschlußessen ist der Hauptgrund, daß ich mich vorzeitig von der Gruppe getrennt hatte. Ich bringe es nicht über mich, eine Lobhudelei anzuhören, wie gut doch der Reiseleiter alles gemanagt hat und wie gut doch die Gruppe schlußendlich ist. Ich kenne mich, ich hätte den Mund dann nicht halten können, doch ich will das Harmoniebedürfnis der Anderen nicht stören. Einzelheiten lasse ich jetzt weg. Ich werde noch eine Zusammenfassung und Bewertung der Reise von meinem Standpunkt aus schreiben, aus der ihr eure eigenen Schlüsse ziehen könnt.

Nun sitze ich hier im Wald, schaue mich zufrieden um, freue mich auf die vor mir liegenden Tage und merke, daß jetzt schon eine leise Wehmut aufkommt, ganz hinten im Bauch, wenn mir jäh einige Bilder der Reise aufblitzen: Täbriz, Samarkand, Kashgar, Turpan, Dunhuang, Peking, Gobi, Baikal, Sibirien. Ich werde da noch viel zu verarbeiten haben und weiß jetzt schon, daß ich nicht zum letzten Mal hier gewesen bin. Wo "hier" ist? Na, jeder Ort für sich bietet so viele Erinnerungen, daß ich überall - mit ein wenig mehr Zeit - noch einmal hin möchte!

Nach Zabrzez bei Nowy Sacz, 17.09.07 (PL)

Trotz erneuter Zeitrückstellung um eine Stunde (jetzt sind wir wieder auf heimischer Zeit) wachten wir ohne Wecker um 7 Uhr auf und konnten uns noch einmal herumdrehen, kein "Muß" wartete auf uns. Doch lange hielt es uns nicht mehr im Bett, der Urlaub wartete. Schon beim Frühstück mußten wir uns sagen, wir haben Zeit, wir können noch eine Tasse Kaffee trinken, kein Brot braucht geschmiert zu werden. Kein Tee gekocht, wir haben in den Pausen Zeit genug. Wie lange wird es wohl dauern, bis wir zur Normalität zurückfinden?

Endlich nahmen wir Abschied von unserem Waldidyll. Weiter ging es nach Süden, es zog uns in die Karpaten, denen wir nach Westen folgen wollen.

Die Landschaft hat sich nach unserem Grenzübertritt total geändert. Als erstes fiel uns auf, daß hier nach westeuropäischem Muster "aufgeräumt" ist, wir hatten das von früheren Besuchen anders in Erinnerung. Wo sind die alten Häuser hin?. Dies ist ein Land im Aufbruch, es hat einen gewaltigen Schritt vorwärts gemacht!

Große Obstplantagen, Äpfel, Johannisbeeren säumten die Straße. Wieso sieht man die ein paar Kilometer weiter hinter der Grenze nicht mehr? Auf den Kartoffeläckern waren viele Menschen dabei, die Kartoffeln mit der Hand auszumachen. Sie wurden mit Pferd und Wagen abtransportiert. Ebenso ist mit dem Heu. Ein emsiges Land!

Ein Grill am Straßenrand, wir mußten eine Pause machen, in der Sonne sitzen, unserem Fleischbedürfnis nachgeben und eine polnische Wurst essen. Ein Stück weiter versuchten wir in einem wunderbaren Wald Pilze zu finden, leider vergeblich.

Laut unserem Campingführer von 2003 sollte es in Kamienica, einem Dorf nordwestlich von Stary Sacz einen Campingplatz haben, an den sich auch noch einige Bewohner erinnern. Doch zu finden war er nicht und an dem Platz, wo er sein sollte, war kein Mensch zu finden. So fuhren wir zu einem Gasthaus, aßen sehr gut (die erste deutsche Speisekarte seit 6 Monaten!) und durften dann auf dem Parkplatz übernachten, wenn die Bedienung uns richtig verstanden hat, denn deutsch oder englisch spricht in dieser Ecke keiner!

Nach Zakopane, 18.09.07 (PL)

Wieder begann der Tag sonnig. Am Horizont tauchte die Bergkette der Hohen Tatra auf, es lag sogar ein wenig Schnee auf den Gipfeln. Ich gebe ja zu, daß die Landschaft um uns herum wie Österreich aussieht, die Musik aus dem Radio klingt auch nicht anders, doch das wollten wir ja. Wir sind in den Bergen. In Zakopane stießen wir auf die ersten Campingplätze, es ist ja auch ein ausgesprochenes Touri-Gebiet. Auf einem kleinen Family-Camping, einer einfachen Wiese am Wohnhaus, ließen wir uns nieder. Nichtstun ist angesagt. Doch das Rösten in der Sonne dauerte nicht lange, drohend schwarze Wolken kamen hinter der Tatra hoch und trieben uns ins Auto. Macht nichts, dann ist eben Aufräumen angesagt und Schreiben.

Eben habe ich E-Mails abgeholt, treue Leser haben schon das Lied gelesen, sich verabschiedet und Allen noch ein sicheres Nachhausekommen gewünscht. Da kann ich mich nur anschließen. Die ersten müßten wohl heute ankommen.

Nach Wisla, 19.09.07 (PL)

Die ganze Nacht hatte es so geregnet, manchmal auch aus Kübeln geschüttet, daß ich davon wach wurde. Am Morgen waren die Gipfel der Tatra weiß gepudert und die Kälte kroch in das Auto, 0°C sollten es heute Nacht gewesen sein. Nur gut, daß ich mein Magnetventil für den automatischen Wasserablaß festgeklemmt hatte, da es auf den Holperstraßen in China ausgelöst hatte. Auf die Außentemperatur muß ich wohl achten!

Beim Losfahren dann die Überraschung: meine Räder rutschten durch, nichts ging mehr. Die Wiese war so aufgeweicht, daß ich nicht wegkam. Da bin ich auf 25.000 km nur einmal (im Schlamm der Gobi) steckengeblieben, und nun hier auf einer simplen Wiese! Ich kam mit Hilfe von zum Glück anwesenden Campern, die kräftig schoben, los.

Zakopane ist ein international bekannter Wintersportort, entsprechend viel ist auch im Sommer los. Auffallend sind die vielen Holzhäuser, die ihren Ursprung in den einfachen Holzhäusern der Goralen, eines Volksstammes, der seit dem 16. Jahrhundert im Gebiet der Tatra siedelt, haben. Neben den vielen traditionellen einfachen Holzhäusern der Goralen hielt ab 1893 der sogenannte Zakopane-Stil Einzug, der die Tradition der Goralenarchitektur mit Elementen des modernen Jugendstils vereinte. Es ist unglaublich, was für verspielte Elemente aus Holz man an diesen Häusern entdecken kann!

Lange hielt es uns nicht dort, es waren einfach zu viele Leute dort, wir wollten in die Einsamkeit. Die Straße führte uns in die Slowakei, da wir möglichst dicht an der hohen Tatra fahren wollten. Die Grenzkontrolle war einfach, auf polnischer Seite gab es keine Beamten, die Slowaken schauten sich kurz unseren Personalausweis an, dann ging es schon weiter. Wir sind eben in der EU. Hinter der Grenze war schlagartig alles anders, die Häuser waren alt und zum Teil baufällig, die Straßen schlechter, Unkraut auf den Gehwegen. Das Angebot im Kaufhaus BILLA in der nächsten Stadt war sehr bescheiden. Keine Imbißstände mehr, kaum Lokale in den Dörfern. So kannten wir Polen von früher her. Da es auch keine Parkplätze oder Campingplätze in dieser Gegend gab, führte uns die Straße zwangsläufig wieder nach Nordwesten nach Polen hinein. Wir folgten dem Grenzverlauf auf kleinen Straßen durch eine schöne Hügellandschaft und landeten in Wisla, wo sich ein Campingplatz befinden sollte. Tat er auch, aber er war seit dem 15. September geschlossen. Wir stellten uns vor das Tor und übernachteten dort.

Nach Vrbno, 20.09.07 (CZ)

Am Morgen weckten uns die Schulkinder, die in ihren schwarzen Schuluniformen auf dem Weg zur Schule waren. Schrecklich sahen die schwarzen Anzüge aus, als gingen die Kinder zur Beerdigung. Während wir beim Frühstück saßen, kam eine Mädchenklasse beim Schulsport vorbei und machte vor unserem Auto Freiübungen. Sehr unterhaltsam!
Jetzt waren wir an der Slowakei vorbei und da wir in das Altvatergebirge (tschechisch Hrubý Jeseník) wollten, mußten wir nach Tschechien hinein. Kurz vor der Grenze wurden wir vom Zoll gestoppt, der sich dafür interessierte, ob wir Zigaretten an Bord hätten. Da wir Nichtraucher sind, konnten wir weiterfahren. Eine Kontrolle an der Grenze fand nicht statt.

Schon weit sahen wir die Höhen des Altvatergebirges und fanden schließlich in Vrbno Pradenem einen Campingplatz, der noch bis zum 30.9. geöffnet hat.

Nach Klodzko, 21.09.07 (PL)

Der Sommer ist wohl endgültig zu Ende, auch der Herbst ist schon weit vorgeschritten. Haben uns die bunten Laubbäume, die schon bei einigen ins Rote wechseln, schon darauf hingewiesen, die Nachtfröste und der Rauhreif am Morgen zeigen es uns schmerzlich. Nun geht es nicht mehr ohne morgendliche Heizung und die warme Jacke kommt nicht mehr in den Schrank. Zum Glück ist der Himmel blau und die Sonne versucht es immer wieder und an einem windgeschützten Plätzchen ist es dann noch schön warm.

Es geht über die Höhen des Altvatergebirges nach Nordwesten in Richtung Glatzer Bergland. Wunderschöne Ausblicke laden immer wieder zur Rast ein. Die Straße führt an der polnisch-tschechischen Grenze entlang, die nur an ihren Grenzsteinen und ab und zu durch Schilder zu erkennen ist. In einem Zipfel der Tschechei, der nach Polen hineinragt, liegt das verschlafene Nest Vidnava. Hier scheint die Zeit stehengeblieben, der kleine Marktplatz ist fast autoleer, kein lautes Geräusch stört die Ruhe. Hier sitzen wir bei Cappuccino in der Sonne und vergessen für eine Weile die Zeit.

Schnell sind wir wieder in Polen, hier entwickelt man sich zum Grenzspringer. Wir verlassen das Altvatergebirge, haben aber noch länger einen traumhaften Fernblick. Das Glatzer Bergland erweist als leichtes Hügelland. Klodzko (Glatz) wird erstmalig 981 als castellum Kladsko erwähnt und hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, die man z.B. bei Wikipedia nachlesen kann (es macht mir unheimlich Spaß, das zu erwähnen, hat sich doch unser Mitfahrer Roel so abfällig darüber geäußert, wie ihr lesen konntet). Dies schlug sich in sehenswerten Häusern und Kirchen nieder.
Hier in Klotzko, beziehen wir unseren Campingplatz.

Nachdem Gil schon unterwegs im Wald Pilze gefunden hat, kamen hier auf der Campingwiese noch einige hinzu, so daß das Pilzomelette heute Abend gesichert ist.



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