Entdeckerreise 2007: Auf den Spuren Marco Polos

Bericht 22: Durch die Sibirien -
Ulan Ude, Baikalsee, Irkutsk



10.08.07 bis

Nach Ulan Ude (RUS)

18.08.07

Nach Irkutsk (RUS)


Nach Ulan Ude, 10.08.07 (RUS)

Um sieben Uhr brachen wir zur Grenze auf, die um acht Uhr öffnen sollte. Heinrich hatte einen dicken Ordner voll Unterlagen vorbereitet, um den Ablauf zu beschleunigen. Berichte früherer Gruppen sprachen von sieben Stunden und mehr.

Protokoll einer Grenzabfertigung

07:30 Ankunft auf der mongolischen Seite
09:30 waren wir praktisch fertig, hatten unsere Ausreisestempel im Paß. Die ersten Fahrzeuge sind Richtung russischer Grenze unterwegs. Warum warten wir? Vielleicht halten die Grenzer uns zurück, weil es auf der russischen Seite nicht weiter geht.
10:38 Wie stehen an der russischen Grenze und füllen die Migrationskarte aus. Richtig, die Mongolen lassen immer erst zwei Fahrzeuge weiterfahren, wenn drüben entsprechend Platz ist Dann folgen Passkontrolle, Fahrzeugregistrierung, Versicherung kaufen, Zollkontrolle
12:00 Wir sind endlich in Rußland.
12:15 Alle 15 Fahrzeuge haben es geschafft!

4 Stunden 45 Minuten, da kann man nicht meckern, das ist ordentlich! Wahrscheinlich haben die Zöllner von unserer Wüstenleistung gehört.

Nun lagen noch 245 km nach Ulan Ude vor uns. Die Landschaft änderte sich schlagartig. Direkt am Grenzzaun stand eine orthodoxe Kirche, die ehemaligen Klostergebäude wurden als Kohleablagerungsplatz benutzt. Die Häuser waren entweder typisch russisch verwahrloste Plattenbauten oder schöne kleine Holzhäuser, deren Fensterläden und -rahmen fröhlich bunt gestrichen waren. Die Steppe war verschwunden und ist einem Kiefernwald gewichen, der mich mal in die Lüneburger Heide, mal in die riesigen Dünenwälder Polens versetzte. Weite Strecken gab es gab es weder Mensch noch Tier. Dann mal wieder ein kleines Dorf. Der Wald lockerte auf, einzelne Bäume oder Baumgruppen unterbrachen das Grasland und zogen sich bis zum Horizont. Ist das schon die Taiga?

Dann Ulan-Ude. Wir stehen an Rande der Stadt vor einem Motel. Die Uhr haben wir noch eine Stund vorgestellt, so daß jetzt eine Verschiebung von sieben Stunden gegenüber Deutschland besteht. Hier gibt es drei Handynetze und einer davon übermittelt auch Daten, wenn man die richtige Vorwahlnummer, die 81049 benutzt. Das muß ich ausnutzen, denn morgen geht es an den Baikalsee und da gibt es keinen Handyempfang mehr. Also sitze ich hier bis tief in die Nacht, um den Bericht noch fertig zu bekommen. Bis später dann!


Zum Baikalsee, 11.08.07 (RUS)

In der Nähe unseres Platzes gibt es einen Supermarkt, in dem wir uns für die kommenden 5 Tage eindecken konnten. Verschiedene Sorten Käse, Brot, Gemüse, sogar Ingwer, Bier, Milch - und wir konnten es sogar lesen. So viel war von früheren Reisen hängengeblieben.

Endlich waren wir abfahrbereit. Es sollte ca. 200 km nach Norden, so ungefähr bis zur Mitte des Ostufers, dort sollte ein traumhafter Platz sein, sagte Heinrich, der den Platz von früher her kennt.

Dann ging es durch Ulan Ude, einer grünen und lebendigen Stadt mit 500.000 Einwohnern, vorbei an dem größten Leninkopf der Welt, den nach einer Weltausstellung keiner haben wollte.

Über holperige Asphaltstraßen und staubige Schotterpisten fuhren wir durch endlosen Wald nach Norden. Das ist die Taiga. Inzwischen weiß ich was die Taiga genau ist, Wikipedia macht´s möglich: Taiga ist die jakutische bzw. russische Bezeichnung für den Wald in Sibirien.

Wir erleben einen traumhaften sibirischen Sommer. Temperaturen über 30°C bei 40% Luftfeuchtigkeit mit einem strahlendblauen Himmel zu dem Grün der Wälder und Wiesen. Was kann schöner sein? An den Straßenrändern sind die Buschweidenröschen schon verblüht und lassen ihr weißes Gefluder mit dem Wind fliegen. Weiße Birkenstämme leuchten in der Sonne. Es wäre ein Paradies wenn, ja wenn die Straße nicht wäre. Die Holperpiste geht in eine Baustelle über, die nicht enden will und uns die Vorfreude auf den See trübt. ´Zig Kilometer über nicht enden wollenden groben Schotter, der das Auto durchschüttelte. Eine permanente Staubwolke stand über der Straße und nahm einem die Sicht. Russische PKWs und LKWs donnerten an uns vorüber, es war nur Glücksache, daß keine Frontscheibe zu Bruch ging.

Genervt kamen wir auf dem Platz an, der schon gut belegt war, ist doch Wochenende. Wir fanden aber noch einen Platz an dem kleinen Steilufer. Unsere Phalanx erregte den Unwillen einiger hinter uns im Wald kampierender Russen, die ihren Ausblick auf den Baikal verstellt waren. Ich stellte mich dumm und so entspann sich eine Unterhaltung, in deren Verlauf ich zum Essen eingeladen wurde, zu Schaschlik, Baikalfisch und Vodka. Dann holte ich meine Gitarre, sang ein paar russische Lieder, die Begeisterung hervorriefen und noch mehr Vodka forderten, dann griffen die Männer selbst zur Gitarre und sangen ihre Lieder - ein wunderschöner Nachmittag! Später kamen noch zwei Männer zu unserm Auto, da ich die Gitarre liegen gelassen hatte und spielten russische und selbstverfaßte Lieder. Wunderschön.

Meine Landkarte auf dem Heck veranlaßte wieder einmal Viele, stehen zu bleiben und über unsere Route zu staunen. Einer, der in der Nähe von Sotschi Geographie studiert hatte und nun hier an der Universität arbeitet, machte mich auf die Fehler meiner Karte aufmerksam. Viele Fotos wurden gemacht.

Bei einem Bier genossen wir dann den Sonnenuntergang über dem Baikalsee.

Am Baikalsee, 12.08.07 (RUS)

Ein Sommertag am Baikalsee. Nach einem traumhaften Sonnenaufgang und Frühstück in der Sonne sitze ich nun hier unter der Markise mit Blick über den See und malträtiere den Laptop. So langsam treffen die Russen wieder ein, die hier nicht übernachtet haben, legen die Riesenboxen und Subwoofer auf das Autodach und ab geht die Post. Neben "Only you" hört man aber auch russische Discomusik. Gil läßt sich eine Scheibe schenken. Prima.

Diese Muße möchte ich nutzen, etwas Grundlegendes über meine Berichterstattung zu schreiben. Ich wurde gefragt, warum ich im Gegensatz zu Anderen mich nicht auf reine Erlebnisse beschränke, sondern auch über Gruppenberichte schreibe.

Für mich bedingt das Eine das Andere. Nur über Besichtigungen und Routenverlauf zu berichten, hieße, eine Friede-Freude-Eierkuchenwelt vorzugaukeln, die es so nicht gibt. In jeder Gruppe, erst recht in einer so willkürlich zusammengewürfelten, gibt es zwangsläufig Gruppenkonflikte, die ausgetragen werden müssen und bei so einer Fahrt einfach dazugehören. Lest ihr die Berichte der Seabridgegruppe (www.faszination-russland.de), die eine ähnliche Route wie wir, nur entgegengesetzt, verfolgen, werdet ihr über die Gruppe nichts lesen. Ebenso auf den holländischen Seiten unseres Mitreisenden Roul (Adresse siehe am Anfang der Reise) findet ihr nichts über die Gruppe. Ich halte gerade die zwischenmenschlichen Beziehungen auf einer so langen Reise für einen so wesentlichen Bestandteil, die oft unseren Tag und Fühlen bestimmend beeinflussen, daß ich darüber berichten muß. Klar ist aber auch, daß meine Schilderungen meine Meinung sind, Andere da ganz Anders denken, gerade da, wo es darum geht, was "Gruppe" ist. Ein Beispiel über die Mentalität unseres Reiseleiters. Beim Grillen verkündete er in froher Weinlaune strahlend, daß er die Gruppe "an der langen Leine laufen lasse." Geht man so mit Leuten um, die zum Teil älter sind als er?

Am Abend trafen wir uns zum Grillen. Unser Guide durch Rußland und Belarus, Valeri, hatte Fleisch besorgt, jedes Auto steuerte einen Salat hinzu. So feierten wir den Baikal, bis die Sonne hinter dem gegenüberliegenden Ufer versunken war.

Am Baikalsee, 13.08.07 (RUS)

Heute Morgen wurde ich von Sturm geweckt, der an der Markise rüttelte. Ich hatte Mühe sie mit Hilfe von Gil einzurollen. Der Sturm aus Südost trieb die Schaumkronen vor sich her. Wenn man die Wellen betrachtet, die sich am Strand brechen, könnte man meinen am Meer zu sein, besonders deshalb, da das gegenüberliegende Ufer im Dunst verschwunden ist.

Das ist die richtige Zeit, sich bei Wikipedia über den Baikal schlau zu machen. Das ist unheimlich spannend, so daß ich euch die Superlative hier nicht vorenthalten möchte:

Der Baikalsee (burjatisch Baykal-Nur für "reicher See") ist ein See in Sibirien, Russland (Asien). Er ist der volumenmäßig größte, tiefste und älteste Süßwassersee der Erde. 1996 wurde die Baikal-Region von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.

Der Baikalsee, dessen Wasseroberfläche (31.492 km²) sich in 455 m Höhe über dem Meeresspiegel befindet, ist mit 25 bis 30 Mio. Jahren der älteste und mit offiziell 1.637 m der tiefste See der Erde. Der See, dessen Uferlänge rund 2.125 km beträgt, ist vom Südwesten zum Nordosten 728 km lang (Mittellinie des Baikals) und maximal 82 km breit, seine durchschnittliche Breite beträgt 48 km. Er enthält aufgrund seiner Tiefe mehr Wasser als alle fünf der Großen Seen Nordamerikas zusammen. Alle Flüsse der Erde bräuchten ein Jahr um ihn zu füllen.

Der Baikal bildet das größte Reservoir flüssigen Süßwassers der Erde mit einem Fünftel aller diesbezüglichen Reserven. Maximal passen 23.000 km³ Wasser in den See, was mehr ist als die Ostsee enthält. Es entspricht dem 460-fachen Wasserinhalt des Bodensees.

Der Baikalsee und seine Umwelt weisen eine einzigartige Flora und Fauna auf: Etwa zwei Drittel der insgesamt 2.500 Tier- und Pflanzenarten sind endemisch, das heißt sie kommen ausschließlich hier vor. Zum Beispiel lebt hier die einzige Süßwasser-Robbe der Welt, die Nerpa (Baikalrobbe), der Omul, eine Lachsart, oder der Golomjanka, ein Fettfisch, der am tiefsten lebende Süßwasserfisch der Erde. Möglich wird dies unter anderem auch durch die niedrige Wassertemperatur des Sees, die an der Oberfläche im Jahresmittel nur etwa 7 °C beträgt.

Das Wasser des Baikalsees wird ständig auf natürliche Weise geklärt, so daß sein Reinheitsgrad extrem hoch ist. Für seine Sauberhaltung sorgen winzige Flohkrebse (230 Sorten, die 90 % der Biomasse des Sees ausmachen), besonders hervorzuheben ist ein winziger Krebs, der Baikal-Epischura, der die kleinsten Algen und Bakterien vertilgt. Dieser Krebs ist nur anderthalb Millimeter lang, aber auf einen Quadratkilometer Wasserschicht zählen die Wissenschaftler zuweilen bis zu drei Millionen dieser Tierchen! Im Verlauf eines Jahres ist eine Armada der unersättlichen kleinen Krebse in der Lage, dreimal die oberste Fünfzigmeter-Wasserschicht zu säubern (ca. 83 Kubikkilometer/Tag).

Ein anderer kleiner Krebs, der Makrohektopus, der zu den Seitenschwimmern gehört - die hiesigen Einwohner nennen ihn auch Jur -, vernichtet alles Organische, was die obersten Wasserschichten dieses Sees verschmutzen könnte. Die Seitenschwimmer vertilgen tote Fische, ertrunkene Insekten und sogar Landwirbeltiere. Ertrinkt ein Mensch in dem See, so hat man nur sieben Tage, um die Leiche im See wiederzufinden. Danach haben die Selbstreinigungsprozesse des Sees alle Spuren beseitigt.

Mehr findet ihr bei Wikipedia Online. Leider habe ich das Buch von Klaus Bednarz über den Baikalsee nicht hier. Das würde jetzt passen.

Zum Sturm versucht die Sonne schüchtern das Bild zu verschönern. Leider sind die Wellen zu hoch zum Baden. Das Wasser hat 18°C, was unerschrockene Wasserratten von uns gestern nicht abhielt, immer wieder zu schwimmen. Die letzten russischen Camper sind heute morgen abgereist. Kennen die die Wetterverhältnisse hier besser? Heißt das, daß der Sturm jetzt länger dauert?

Heute hat Frans Geburtstag. Zu seinem Umtrunk pfiff nicht nur der Sturm, es regnete auch. Doch das tat der Stimmung keinen Abbruch. Die neuesten Nachrichten machten die Runde: Wagen 1 hat es heute morgen die Markise über das Dach geschlagen, ob eine Reparatur möglich ist kann erst nach dem Sturm nachgeschaut werden, ebenso bei Wagen 9. Ich hoffe, daß meine nur schief eingerollt ist.

Später kam dann noch ein Fischer, der uns geräucherten Omul (jetzt wißt ihr was das ist?) verkaufte. Ein leckerer Abschluß zum Vodka.

Der Sturm ist ein wenig abgeflaut, ein flammender Sonnenuntergang strahlte vom Ufer gegenüber. Ist das nun ein Gutwetterzeichen?

Am Baikalsee, 14.08.07 (RUS)

Tatsächlich ließ der Wind nach, ich konnte meine Markise ausrollen, es war nichts kaputt, sie mußte nur gerade eingerollt werden. Ebenso war es bei Wagen 9. Wagen 1 hatte insofern Glück, daß eine Reparatur der abgebrochenen Streben einfach war. Gegen Mittag machte das Gerücht die Runde, daß wir morgen früh nach Ulan Ude zurückfahren müßten. Ein entsprechender Aushang würde an Wagen 1 h hängen. Es stimmte! Eine neue Meisterleistung der Führungsqualitäten unseres Reiseleiters. Hängt klammheimlich und feige so einen Zettel hin, läßt uns abreagieren um dann abends beim zweiten Umtrunk zu Frans' Geburtstag die Meinungen am Vodka abprallen zu lassen. Seine Begründung: unser nächster Stellplatz sei nicht benutzbar, da der Bahnübergang erneuert würde. Das hatte er erst heute bei einem Gespräch mit Valeri erfahren. Einen anderen Platz gäbe es nicht, wir müßten weiterfahren nach Utilik, das läge 320 km hinter Ulan Ude. Punkt. So war uns der zweite Tag Baikal genommen worden. Von den fünfen, von denen wir laut Plan träumen durften, blieben drei. Irgendwie war die Freude weg. Das Abendrot versuchte die Stimmung noch aufzuheitern, doch der Mißklang war zu heftig. So ein abgekartetes Spiel. Ich glaube diesem Reiseleiter nichts mehr!

Von Peter, der die Gruppe nach den Querelen um seine Hilfe bei Manfreds Verletzungen verlassen hatte, habe ich eine E-Mail mit seinen Darstellungen des Ablaufs erhalten, bei denen der Reiseleiter und die Gruppe nicht gut wegkommen. Ich kann nur hoffen, daß es eine Klärung, durch welche Mittel auch immer, geben wird!

Zurück nach Ulan Ude, 15.08.07 (RUS)

Ade Baikal. Traurig mußten wir uns heute morgen von ihm verabschieden. Treu seinem Prinzip der langen Leine, durften wir die Rückfahrt nach Ulan Ude heute selbstständig antreten. Jeder konnte so sein Tempo über die Horrorstraße selbst bestimmen. Wir nutzten die Gelegenheit, um uns das Dorf am Wege anzuschauen. Schmuck herausgeputzt, verziert und bunt bemalt warteten die kleinen Holzhäuser auf ihr Erwachen aus dem Dornröschenschlaf und dem Zustrom der Touristen. Seine traumhafte Lage am Baikal wir ihm sicherlich dabei helfen.

Unterwegs begegneten wir Wagen 1. Sein Gastank war einseitig abgerissen. Er befestigte ihn mit einem dicken Spanngurt.

Kurz vor unserem Treffpunkt vor Ulan Ude wurden wir von einem Polizeiposten angehalten. Passkontrolle. Doch den hatten wir nicht. Den hatte immer noch Valeri, um uns registrieren zu lassen, was innerhalb von drei Tagen zu geschehen hat. Was tun? Wir hatten das Buch von Konstantin Abert, Russland per Reisemobil, gelesen und gaben dem Polizisten nur freundlich lächelnd nacheinander den internationalen Kfz-Schein, die grüne Versicherungskarte, die russische Haftpflichtversicherung und den internationalen Führerschein. Der hatte wenigstens ein Foto. Damit war er dann zufrieden und er vergaß nach dem Paß zu fragen. Den bekamen wir auf dem Stellplatz zurück, es war Valeri aus irgendwelchen Gründen nicht gelungen, uns anzumelden. Er würde es noch einmal versuchen.

In dem bekannten Supermarkt deckten wir uns für die nächsten Tage ein und richteten uns an dem Motel wieder für die Nacht ein.

Nach Utilik, 16.08.07 (RUS)

Heute durften wir die obligatorische russische Haftpflichtversicherung bezahlen: 63 Euro für eine minimale Abdeckung.

Vor dem Start mußte noch bei Wagen 10 ein Reifen gewechselt. Mußten die eine harte Nacht gehabt haben!

Heute begann unser Weg nach Westen, dem wir nun 6.000 km folgen werden. Es ist der Weg nach Hause. Bloß nicht dran denken!

Der Wald nahm uns auf, endlos ging es durch Birken und Kiefern. Dann Kornfelder, aber viele Felder lagen auch brach. Das Land wurde hügelig.

Der nächste Platten. Wagen 15 mußte wieder einmal einen Reifen wechseln.

In der Ferne tauchten Schlote auf. Eine Zellulosefabrik, die einzige Fabrik am Baikal, die ihre Gifte in den See entsorgt. Aber unter der Beobachtung von Greenpeace wird es besser. Ist hier unser Stellplatz? Doch zum Glück geht es weiter und nach der Überquerung des Baches Utilik bogen wir auf einen Feldweg ein, der uns zu einer Freizeitanlage brachte auf der der auch ein Kinderheim angesiedelt ist. Wir stehen gut in der Nähe des Wassers.

Wagen 13 stellt mal wieder einen Platten auf seinen Zwillingsreifen fest. Unser Schlachtschiff Wagen 4 hat Risse auf der rechten Seite der Frontscheibe, die von keinem Stein herrühren. Auf einer sehr unebenen Strecke muß sich die Karosserie so verwunden haben, daß die Scheibe links mehrere Zentimeter aus der Dichtung gekommen ist, was zu den Rissen führte. Mit Spanngurten drückte Frans die Scheibe zurück, mit den Rissen kann er bis nach Hause leben.



Die kumulierte Schadenstatistik sieht jetzt so aus: (ganz schön lange Liste!)

lfd.
Nr.
was Ort Folgen / Maßnahmen Wagen
1 1 Reifen Teheran  
15
2 Batterieladegerät Teheran Neues aus D eingeflogen
5
3 1 Abdrängen an die Leitplanke Ausfahrt aus Teheran Kuhfänger verbogen, dicke Schramme an der Seite
15
4 Hergang nicht bemerkt Ausfahrt aus Teheran Dicke Schramme an der Seite
4
5 1 Reifen Ashgabat Metallventil eingebaut
11
6 1 Reifen Tashkent (Gummiventil) Metallventil eingebaut
11
7 1 Reifen läßt Luft UZB-Grenze, Samarkand Alle zwei Tage 1 bar nachfüllen
5
8 Kühler undicht Tashkent Ausbau und löten lassen
9 Diesel-Vorheizung Tashkent Ersatzteil aus D eingeflogen
3
10 1 Reifen Fergana Flicken lassen
15
11 Wasserpumpe defekt Fergana Neue eingebaut
1
12 1 Reifen zerfetzt, Felge defekt Kashgar Neuer Reifen, keine Felge
11
13 Bremsleitung zerrissen Kashgar repariert
11
14 verliert Kühlwasser Kashgar Kühlwasserleitung durch Steinschlag defekt - erneuert
3
15 verliert Kühlwasser Kashgar Kühler durch Steinschlag defekt - gelötet
6
16 Riß in der Frontscheibe   notdürftig abgeklebt
2
17 Riß in der Frontscheibe
 
  -
7
18 Dachfenster abgerissen Turpan zugeklebt
6
19 Motor läßt sich nicht abschelten, nur abwürgen Turpan Schlauch vom Unterdruckzylinder ab
14
20 Automatikgetriebe schaltet nicht Dunhuang   ?
11
21 Kühler undicht Gobi   Ausbau und löten lassen
6
22 Lichtmaschine lädt nicht Gobi   Neue Anschlußstecker
10
23 Schlagen im Vierradgetriebe Gobi   Noch nicht erledigt, Gummilager ausgeschlagen, in MNG nicht vorhanden
11
24 Reifen aufgeschlitzt Gobi   Gewechselt, neuen gekauft
14
25 Reifen Ulanbaatar   flicken
13
26 Reifen Ulan Ude   geflickt
10
27 Reifen Utilik   Irkutsk geflickt
15
28 Reifen Utilik   Neue Decke aufgezogen
13
29 Frontscheibe Risse Utilik   --
4
30 Loch im Auspuffrohr Irkutsk   geschweißt
14


Nach Irkutsk, 17.08.07 (RUS)

Eine kurze Etappe stand uns heute bevor. Die Taiga bereitet sich auf Herbst vor. Nicht nur die Buschweidenröschen sind verblüht, die Disteln, die die brachliegenden Felder erobert haben, schicken ihre Nachkommen in weißen Wolken in die Welt, Kornfelder warten goldgelb auf den Schnitt, aber es gibt auch Haferfelder, die noch grün sind. Die müssen sich beeilen, denn auch die Birken zeigen schon erste Herbstfarben.

Bei Kultuk ging die M53 in steilen Serpentinen den Berg hinauf. Hier konnten wir einen letzten Blick auf den Baikal werfen. An der Straße wurden Beeren verkauft - die ersten Pilze. Wir erstanden wunderschöne Rotkappen, ein Festessen erwartet uns heute Abend!

Bald tauchte ein Fluß auf, der Irkut (schneller Fuß), der bei Irkutsk in die Angara fließt und der Stadt ihren Namen gab.

Wagen 13 und 15 waren unterwegs in eine Reifenwerkstatt gefahren und holten uns bald mit geflickten Reifen wieder ein.

Am Hotel Intourist (heute Hotel Irkutsk) standen wir wieder auf unserem gewohnten Hinterhof. Der Vorteil: zur Angara waren es nur ein paar Schritte, auch die Innenstadt war nicht weit. Gil benutzte wie gewohnt den Nachmittag zum ersten Beschnuppern, am Abend führte sie mich dann in ein Straßenlokal zu Bier und Schaschlik.

Irkutsk, 18.08.07 (RUS)

Irkutsk entstand aus einem Kosakenfort, das 1661 am Ufer des Flusses Angara angelegt wurde. 1684 bekam Irkutsk das Stadtrecht. Erst gegen 1760 wurde der Sibirische Trakt, die erste Straßenverbindung zwischen Moskau und Irkutsk fertiggestellt, und die Stadt entwickelte sich zum Dreh- und Angelpunkt für den Handel mit den Schätzen Sibiriens und den Importen aus dem Kaiserreich China: Pelze, Diamanten, Gold, Seide, Tee, Holz.

Die Besichtigungstour führte uns zuerst zur katholischen Kirche, die 1986 aus Spenden der über 20.000 nach Sibirien deportierten Polen erreichtet wurde und heute ein Konzertsaal ist. Sie erhielt die Auflage, daß ihr Turm nicht höher sein durfte als die benachbarte Erlöserkirche, die heute immer noch als Museum dient und eines der ersten steinernen Gebäude von Irkutsk war. Die Kirche Maria vom Zeichen ist erst seit einem Jahr wieder als Kirche in Betrieb (in meinem Reiseführer ist sie nicht erwähnt). Die Kuppel ist als Himmel so raffiniert ausgemalt, daß man meint, sie sei endlos hoch. Zur zeit unseres Besuches sang ein Trio aus zwei Frauen und einem Priester russisch-orthodoxe Liturgie, was den Besuch noch eindrucksvoller machte.

Das Heimatmuseum von 1782 ist das älteste Museum Sibiriens, es enthält eine Sammlung über Traditionen und Bräuche der örtlichen Ureinwohner und jüngeren Geschichte Sibiriens.

Auffallend sind in der Stadt die vielen Holzhäuser, von denen die meisten ziemlich heruntergekommen sind. Neben Tomsk weist Irkutsk die meisten Holzhäuser auf. Sie sind reich verziert. Diese Ornamente haben heidnischen Charakter und sollen das Böse fernhalten. Der Boden in der Innenstadt ist begehrt und will ein Unternehmer auf ein Gelände mit einem Holzhaus bauen, so darf er das, muß das Holzhaus an anderer Stelle aber wieder aufbauen.

In der alten Markthalle besuchten wir den Markt, um uns für die kommenden Tage einzudecken. Wir bekamen 45 Minuten Zeit. Mit vier Leuten kamen wir 7 Minuten zu spät, was den Reiseleiter zu einer harschen Rüge veranlaßte. In Rußland würden die Busse im Stundentakt abgerechnet und seien horrend teuer, außerdem müßten die Anderen warten, deshalb würde in Zukunft der Bus pünktlich fahren, egal ob alle da sind. Als ich ihm sagte, er solle mir die Rechnung über die Stunde geben, sagte er mir, ich hätte das Ganze nicht verstanden, es ginge darum, daß die Anderen warten müßten. 7 Minuten! Jeder hat sich schon mal ein paar Minuten verspätet. Wer sind wir denn? Rekruten? Ein neuer Titel war geboren, plötzlich stand er in der Luft, ich weiß nicht von wem, aber er paßt: GRÖRAZ (Größter Reiseleiter aller Zeiten)! Wir waren um 13:40 Uhr am Hotel. Auf dem "Tagesbefehl" stand übrigens Rückkehr gegen 14 Uhr.




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