Entdeckerreise 2007: Auf den Spuren Marco Polos

Bericht 19: Beijing



20.07.07 bis

Beijing (CHN)

26.07.07


Beijing, 20.07.07 (CHN)

Im Stadtgebiet Pekings leben 8 Millionen Menschen mit Hauptwohnsitz, der Rest der 12 Millionen Einwohner wohnt in den ländlichen Gebieten des Großraums. Dazu kommen 3,4 Millionen temporäre Einwohner mit befristeter Aufenthaltsgenehmigung. Das 16.800 Quadratkilometer große Verwaltungsgebiet Pekings - das entspricht ungefähr der Fläche von Schleswig-Holstein - stellt kein zusammenhängendes Stadtgebiet dar. Es wäre mit seiner dominierenden ländlichen Siedlungsstruktur eher mit einer kleinen Provinz vergleichbar.

Diese Stadt wollten wir in den nächsten Tagen ein wenig kennenlernen. Peking ist eine moderne Großstadt, deren Hochhäuser beginnen, die "Wolken zu kratzen", nachdem das Verbot, höher als 20 Stockwerke zu bauen, gefallen war. Bei der Besichtigung dieses Teils beschränkten wir uns auf das, was wir bei der Rundfahrt sahen und konzentrierten uns auf die "touristischen Highlights".

Die Verbotene Stadt (Gugong "Kaiserpalast") befindet sich im Zentrum Pekings (Beijing). Dort lebten und regierten bis zur Revolution 1911 die chinesischen Kaiser der Ming und Qing. Der einfachen Bevölkerung war der Zutritt verwehrt - was den Namen Verbotene Stadt erklärt. Sie liegt am nördlichen Ende des Tiananmen-Platzes (Platz zum Tor des himmlischen Friedens). Die Verbotene Stadt stellt ein Meisterwerk der chinesischen Architektur dar. Ihre Anlage entsprach der Weltsicht der kaiserlichen Herrscher: ein annähernd schachbrettartiger Grundriss - ausgerichtet an der Nord-Süd-Achse - und die Verbotene Stadt als Machtsymbol des Kaisers in der Mitte. In ihr befanden sich unter anderem die Paläste der Herrscher. Die Dächer waren teilweise vergoldet und alles war in Gelb, der Farbe des chinesischen Kaisers, gestrichen. Kein Gebäude in Peking durfte die Verbotene Stadt in der Höhe überragen.

Der gesamte Baukomplex hat eine Grundfläche von 720.000m² und eine bebaute Fläche von 150.000m². Auf dem Gelände befinden sich 890 Paläste mit unzähligen Pavillons mit 9.999,5 Räumen. Nach der Legende durfte nur der Himmel einen Palast mit 10.000 Räumen besitzen, daher mussten sich die "Söhne des Himmels" mit 9.999,5 zufrieden geben. Geschnitzte Marmorbalustraden und glasierte Dachziegel zeugen von hohem kunsthandwerklichen Standard. Die Mauer der Verbotenen Stadt ist 10 Meter hoch und 3.428 Meter lang sowie von einem 3.800 Meter langen, 52 Meter breiten und 6 Meter tiefen mit Wasser gefüllten Graben umgeben. In jeder Himmelsrichtung befindet sich jeweils ein großes Tor mit einem Turm und an den vier Mauerecken steht jeweils ein Eckturm.

Das hatten wir in den Reiseführern und bei Wikipedia gelesen. Dort könnt ihr euch umfassend über die Paläste, Plätze und Räume informieren, was ich jetzt erspare. Es ist wirklich beeindruckend, durch dieses Areal zu gehen, das 500 Jahre Kaiserherrschaft mit all seinen Intrigen gesehen hat - doch fällt einem die Träumerei schwer bei den Tausenden von Menschen die dich vorwärts schieben. Ich war froh, als wir den Gugong am Nordtor verlassen konnten, um den Kohlehügel (Mei Shan) zu besuchen.

Eigentlich heißt der Hügel Jing Shan (Aussichtshügel) und sollte nach den Gesetzen des Fengshui den Palast vor den bösen Einflüssen des Nordens schützen. Da hier die aber die Kohlen für die Beheizung des Kaiserpalastes gelagert wurden, bekam er im Volksmund den Namen Kohlehügel. Von hier hat man einen unvergleichlichen Blick über die geschwungenen goldenen Dächer des Palastbezirks.

Dann wurden wir von unserem Local Guide zum wiederholten Mal in eine Seidenfabrik geschleift. Sie muß ihrem Büro unseren Besuch nachweisen. Ich komme mir vor wie auf einer Butterfahrt. Uns wird der Besuch vorgesetzt, wir müssen ihn schlucken, wir können ja draußen warten (über eine Stunde) oder per Taxi auf eigene Kosten zurückfahren. Wieso bezahlen wir eigentlich so viel Geld, wenn wir tun müssen, was Andere sagen? Solche Verkaufstouren dürften nur freiwillig sein

Beijing, 21.07.07 (CHN)

Der Morgen begann mit Sonnenschein. Jedenfalls versuchte die Sonne durch den Smog der Stadt, die zu den am schwersten belasteten Städte dieser Erde zählt, zu dringen. Es blieb bei einer schwachen Sonnenscheibe, die dann auch schnell hinter dem Smog verschwand. Trotzdem (oder gerade deswegen?) wurde es sehr heiß, was die Pekinger an diesem arbeitsfreien Samsatag nicht abhielt, mit Kind, Kegel und Picknick den Sommerpalast zu besuchen.

Der Neue Sommerpalast (Yíhéyuán) und Garten der Harmonischen Einheit liegt im Nordwesten Pekings wenige hundert Meter westlich der Ruinen des Alten Sommerpalastes. Er zählt zu den Höhepunkten der chinesischen Gartenkunst, obwohl er mehrfach zerstört und wieder neu errichtet werden musste.

Kaiser Qianlong ließ ihn 1751-1764 für eine Gesamtsumme von 4,8 Mio. Silbertael als Geschenk zum 60. Geburtstag seiner Mutter errichten. Die 290 ha große Anlage entstand auf dem Gelände des seit 1153 bestehenden ehemaligen Gartens des Goldenen Wassers und war der bevorzugte Aufenthaltsort des Kaiserhofes in den feucht-heißen Sommermonaten. Die Gebäude zählen zu den Meisterwerken chinesischer Architektur, der Park zu den beeindruckendsten chinesischen Landschaftsgärten. Wie sein älteres Pendant weiter östlich fiel auch der Neue Sommerpalast der Vergeltungsaktion im Zuge des 2. Opiumkriegs zum Opfer und wurde am 17. und 18. Oktober 1860 von einem anglofranzösischen Invasionsheer zerstört.

Anders als dieser wurde er jedoch auf Initiative der Kaiserinwitwe Cixi und des Chefs der Kaiserlichen Marine, Prinz Yi Xuan, in der Zeit von 1885 bis 1895 wieder aufgebaut. Die Finanzierung erfolgte durch Abzweigung von eigentlich für den Flottenausbau bestimmten Geldern, woran heute noch das berühmte Marmorboot im Palastsee erinnert. Im Zuge der Niederschlagung des Boxer-Aufstands 1900 wurde der Neue Sommerpalast ein weiteres Mal zerstört und wieder aufgebaut. Nach seiner Schließung 1908 durch die Witwe von Kaiser Guangxu wurde er 1924 wieder eröffnet. Einen Besuch konnten sich aber wegen anfangs exorbitant hoher Eintrittspreise nur wenige leisten. Heute ist der Sommerpalast ein Besuchermagnet und zählt zu den frequentiertesten Sehenswürdigkeiten der chinesischen Hauptstadt.


Wir schoben uns durch die Besuchermassen, versuchten im Park der Harmonie und des Vergnügens in ein wenig Ruhe die Teichanlagen und Lotusblumen zu bewundern, bestiegen der Berg der Langlebigkeit und schauten von der Pagode der vielen Schätze über den Kunming Hu (Kunming-See).

Der Chang-Lang, ein 728 m langer Wandelgang am Ufer des Sees, hatte es uns angetan. Mehr als 8.000 farbige Malereien - Darstellungen von Landschaften, Szenen aus Erzählungen, Blumen und Vogelmotive - schmücken jeden Balken und Deckensegment und verzauberten uns durch ihre feinen Darstellungen. Fast konnte man das Geschiebe der Menschenmassen vergessen.

Ein Drachenboot brachte uns vom Marmorschiff, das aus den Geldern, die zur Modernisierung der chinesischen Flotte bestimmt war, finanziert wurde, zur Insel im südlichen See und der 17-Bogen-Brücke, die von 500kleinen Löwen geschmückt ist, deren Haltung und Ausdruck sich allesamt unterscheidet.

Der Abend gehörte der Akrobatikshow, die man sich wirklich nicht entgehen lassen sollte. Was dort von jungen Künstlern geboten wurde, war atemberaubend! Ob Bodenakrobatik, Schlangenverrenkungen, Fahrradpyramiden, Ballakrobatik in der Gruppe mit vielen Bällen, Tellerjonglieren in der Gruppe unter verschärften Bedingungen und vieles mehr mit wunderbaren Bühnenbildern und Beleuchtungen, alles hielt uns 60 Minuten in Atem. Sehr empfehlenswert!

Beijing, 22.07.07 (CHN)

Der Himmelstempel (Tiantan) ist eine Tempelanlage, in der die Kaiser der Ming- und Qing-Dynastien jedes Jahr für eine gute Ernte beteten. Sie liegt im Süden der Stadt inmitten eines großen Parks. Die gesamte Anlage ist von einer doppelten Mauer umgeben. Im nördlichen Teil haben die Mauern einen runden Grundriss, während der südliche Grundriss viereckig ist. Von oben betrachtet sieht der Mauergrundriss also wie eine langgezogene Kuppel aus. Diese Form rührt aus der Vorstellung, dass der Himmel rund und die Erde eckig sei. Durch die doppelte Mauer um die gesamte Anlage in einem Abstand von etlichen Metern entstehen ein innerer und ein äußerer Bereich des Tempels. Die wichtigsten Gebäude der Anlage befinden sich im inneren Bereich. Auch der innere Bereich ist von einer Mauer unterteilt und bildet so einen nördlichen und einen südlichen Teil des Tempels.

Im nördlichen Teil befindet sich das wichtigste Gebäude des Tempels, die Halle der Ernteopfer (Qíniándiàn), ein Gebäude mit kreisförmigem Grundriss auf einer dreistufigen Marmorterrasse. Sie wurde 1420 errichtet, brannte 1889 ab und wurde 1890 neu errichtet und ist ein Wahrzeichen Pekings. Dieser nördliche Bereich diente hauptsächlich als Altar im Frühjahr, um für die Ernte zu beten.

Im südlichen Teil steht das zweite große Gebäude, die Halle des Himmelsgewölbes. Eine kleinere, ebenfalls kreisrunde Tempelhalle. Sie ist umgeben von der Echomauer, einer absolut glatten und exakt kreisförmigen Mauer. Durch die runde Form werden Schallwellen an der Mauer entlang geführt und können überall an der Mauer wahrgenommen werden. Spricht man also gegen die Echomauer, kann man selbst an der gegenüberliegenden Stelle hören, was gesagt wurde. Die südliche Halle diente zusammen mit der dreistufigen Marmorterrasse, die sich ebenfalls im südlichen Teil befindet als Altar während der Wintermonate.


Der heutige Sonntag hatte wohl auch die Pekinger mobilisiert, die gestern noch nicht unterwegs waren, entsprechend voll war die Tempelanlage. Die beiden kreisrunden Tempelgebäude lassen das Flehen um die Ernte und das Beten um einen milden Winter förmlich spüren.

Der Platz [vor dem Tor] des himmlischen Friedens oder auch Tian'anmen-Platz (Tian'anmen Guangchang) ist ein Platz im Zentrum von Peking. Er wird mit seinen 39,6 ha Fläche oft als größter befestigter Platz der Welt bezeichnet. An der Nordseite steht das Tian'anmen, das Tor des himmlischen Friedens, hinter dem der Kaiserpalast anschließt. Bis 1911 war der Platz nicht öffentlich zugänglich. Ab 1911 ist er eine wichtige Demonstrationsstätte mit einem Fassungsvermögen von bis zu einer Million Menschen. Auf dem Platz steht das Denkmal für die Helden des Volkes im Kampf um die Befreiung. Der Platz wird unter anderem begrenzt von der Großen Halle des Volkes und dem neuen Nationaltheater. Nach dem Tode Mao Zedongs im Jahr 1976 wurde auf dem rückwärtigen Teil des Platzes ein gewaltiges Mausoleum errichtet, in dem seither der mumifizierte Leichnam des "Großen Steuermannes" ausgestellt ist.

Der Platz ist uns aus dem Fernsehen bestens bekannt, allerdings sind es keine positiven Bilder, die vor uns auftauchen. Da sind die Tribünen für die Militäraufmärsche. Wir erkennen die Baumreihen, unter denen die Studenten erschossen wurden und wir sehen, wie sie über den Platz gejagt werden. Heute am Sonntag ist der Platz voll Menschen. Die strammstehenden Wachsoldaten sind sogar zu einem Schwätzchen aufgelegt - bis auf die, die die Fahne bewachen. Aber die stehen auch abgesperrt. Menschen essen Eis, unterhalten sich, stehen auch nur herum, es ist Sonntag. Ein Platz des Friedens.

Gestern Abend sind Anne und Manfred wieder zu uns gestoßen. Manfred hat das Krankenhaus nach sieben Operationen überstanden und durfte wieder mitfahren. Der Flug war noch einmal eine Herausforderung, in München war ein Unwetter, so daß die Maschine eine Stunde lang keine Landeerlaubnis bekam. Da war der Pekingflieger weg und sie wurden nach Schanghai umgebucht. Auch dort war ein Unwetter, so daß auch der Anschlußflieger verspätet losflog. Entsprechend kaputt kamen die Beiden in unserem "Luxushotel" an. Heute Nachmittag konnten wir die Beiden endlich begrüßen. Schön, daß ihr wieder dabei seid. Auch wenn Manfred noch nicht gleich wieder sein geliebtes Womo selbst fahren kann und sich noch eine Weile von Heinrich kutschieren lassen muß - Willkommen wieder in der Gruppe. Da konnten sie gleich unseren nächsten Programmpunkt mitmachen: eine Rikschafahrt durch die Hutongs von Beijing.

Hutongs sind enge Gassen, die in Peking bis in die 1990er Jahre hinein eine der vorherrschenden traditionellen Wohnbebauungen waren. Hutong ist ein mongolisches Wort (ursprünglich hottog), das soviel wie 'Quelle' bedeutete, da die Bewohner dieser Hutongs oft in der Nähe eines Brunnen wohnten. In den Hutongs Pekings sieht man noch die traditionellen Siheyuan. In 2005 gab es in Peking noch etwa dreitausend Hutongs, in denen fast die Hälfte der Stadtbewohner lebt. Sie werden aber auf Grund der Umgestaltung des Stadtzentrums zunehmend seltener. Sie müssen entweder Hochhäusern weichen, ein Großteil mußte der neuen verbotenen Stadt weichen, den Wohnungen der ZK-, Partei- und Regierungsmitglieder. Einen weiteren Teil entdeckten die Bonzen für sich, die sich dort Luxuswohnungen Bauten. So sind die Hutongs geschrumpft und langsam erkennt die Regierung, daß sie zur Geschichte Pekings gehören und schützenswert sind.

Siheyuan ist ein chinesischer Wohnhof, der an allen vier Himmelsrichtungen von Häusern umgeben ist. "sì" bedeutet vier; "hé" steht für das Zusammenleben mehrerer Generationen unter einem Dach und "yuàn" ist der Innenhof, der sich in der Mitte des Siheyuan befindet.

Beijing, 23.07.07 (CHN)

Nachdem wir den höchsten Punkte der chinesischen Mauer und unterwegs immer wieder auf Teile davon getroffen sind, besuchten wir heute bei Badalang, 70 km nordwestlich von Peking, das wohl bekannteste restaurierte Teilstück und zugleich der größte Rummel. Ich glaube, die Mauer erfährt in unserer Zeit ihre größte Belastung. Tausende von Menschen schieben sich in einer unendlichen Schlange die Mauer den Berg hoch. Sie sind in der diesigen Luft der einzige Farbklecks. Und trotzdem, es ist schon beachtlich, wie die Menschen vor zweieinhalb Tausend Jahren so ein Werk haben vollbringen können. Wenn wir schon im Sportzeug Mühe haben, die Mauer emporzusteigen, wie muß es da den Erbauern und später den Soldaten ergangen sein? Jedenfalls waren wir stolz auf unsere Leistung.

Die Chinesische Mauer erstreckt sich von Chinwangtao am Golf von Chihli (Po Hai) im Osten bis zum Jiayuguan-Pass in der Provinz Ganzhou im Westen. Eine innere Mauer verläuft etwa von Peking bis nahe Hantan. Der größte Teil der Mauer wurde im späten 3. Jahrhundert v. Chr. errichtet. Das Bollwerk diente der Verteidigung gegen Angriffe durch Nomadenvölker aus den Steppen im Norden. Systematische Arbeiten an der Mauer begannen um das Jahr 221 v. Chr. Um 204 v. Chr., also in der Anfangszeit der Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.), waren die Hauptarbeiten an der gut 2.000 Kilometer langen Mauer beendet. Kleinere Abschnitte waren vermutlich schon vorher errichtet worden. In späteren Jahrhunderten, vor allem zu Zeiten der Ming-Dynastie (1368-1644), wurde die Chinesische Mauer immer wieder ausgebessert und erweitert, wobei man die älteren Erd- und Lehmwälle durch Mauerwerk ersetzte.

Die Hauptmauer erreichte eine Länge von rund 2.400 Kilometern. Sie folgt weitgehend den Flussläufen, so dass keine Brücken notwendig waren, sowie dem Verlauf von Bergkämmen und Tälern. Die Mauer wurde aus Steinen und Erde bzw. Lehm errichtet und in den östlichen Teilen mit Backsteinen überzogen. Sie ist an der Sohle zwischen 4,6 Meter und 9,1 Meter (durchschnittlich 6 Meter) und an der Krone bis zu etwa 3,7 Meter stark. Ihre mittlere Höhe beträgt 7,6 Meter - ohne die zinnenbewehrten Wehrgänge. Im Abstand von jeweils etwa 180 Metern wurde die Mauer zusätzlich durch Wachtürme (ca. 12 Meter hoch) befestigt. Der östliche Teil der Mauer ist über einige hundert Kilometer hinweg noch intakt. Die Gesamtlänge wird von Experten auf über 6.000 Kilometer geschätzt.Trotz ihrer gewaltigen Ausmaße bot die Mauer jedoch nie eine umfassende Verteidigung gegen die Nomaden; die Bedrohung Chinas aus dem Norden konnten erst die selbst aus dem Norden stammenden Kaiser der Qing-Dynastie durch Kriegszüge beenden.


Uns wurde eine Mittagspause gegönnt - zum ersten Mal! Jedenfalls nannte unser Pekinger Guide Helena sie so. Sie stellte sich als Verkaufsshow für Cloisonné-Technik heraus. In einem sterilen langweiligen Restaurant hätte man dann auch teuer essen können während ihr und dem Busfahrer ein tolles Buffet kredenzt wurde. Wieder angeschmiert!
Cloisonné (von frz. cloison "Scheidewand", auch "Zellenemail") ist eine kunsthandwerkliche Technik bei Emailarbeiten. Zur Fertigung werden auf den meist aus Kupfer bestehenden Rohling (ein Schmuckstück oder eine kleine Plastik) dünne Drähte oder Metallstreifen dekorativ aufgelötet, um dann in mehreren Arbeitsgängen zwischen ihnen verschiedenfarbige Glasflüsse einzulassen. Der Rohling wird danach bei ca. 750-800 °C gebrannt. Die Cloisonné-Technik ist vor allem in der chinesischen Kunst vervollkommnet worden. Ursprünglich stammte sie aus dem Westen, doch belegen archäologische Bronzen in China die Idee einer farbigen Einlegearbeit in Metall schon für die Bronzezeit.

Weiter ging es zu den Ming-Gräbern. Nach den Beschreibungen erwarteten wir Tolles:

Die Ming-Gräber (Míngcháo Shís?n Líng "Dreizehn Gräber der Ming-Dynastie") sind eine Begräbnisstätte der Kaiser der chinesischen Ming-Dynastie, die sich etwa 50km von Chinas Hauptstadt Beijing entfernt am Fuße des Berges Tianshou befinden. 13 der 16 Ming-Kaiser sind hier begraben.

Angelegt wurde die Anlage 1409 von Kaiser Yongle, der auch die Verbotene Stadt in Peking bauen ließ. Nach dem Tod seiner Frau zwei Jahre zuvor, wählte er diesen Bereich als Ort für sein Changling-Mausoleum aus. Das Changling ist die größte Grabanlage der Ming-Gräber und gehört zu den imposantesten Kaisergräbern der chinesischen Geschichte. Fertiggestellt wurde die erste Anlage 1427. Bis zum Zusammenbruch der Ming-Dynastie 1644 wurden hier 13 Ming-Kaiser begraben. Weiterhin gibt es sieben Grabkammern kaiserlicher Konkubinen und die eines Eunuchen. Die gesamte Anlage hat eine Fläche von 80km², die jedoch nicht als eine Anlage sondern eher als einzelne Gräber am Fuße des Berges Tianshou zu verstehen sind. 2003 wurden die Ming-Gräber in die Liste des Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit der UNESCO aufgenommen. Heute ist die Grabanlage ein beliebtes Ausflugsziel für Peking-Touristen.

Die heute meist frequentierte Grabstädte der Ming-Gräber ist Ding Ling, das Grab des Kaisers Wanli. Er war der 13. Kaiser der Ming-Dynastie und regierte 1563 bis 1620. Seine Grabanlage liegt östlich des Berges Dayu. Zusammen mit ihm sind dort seine zwei Frauen beerdigt. Mit dem Bau von Ding Ling wurde im November 1584 begonnen, fertiggestellt wurde das Mausoleum im Juni 1590. Die gesamte Grab-Anlage ist 180.000m² groß und besteht aus einem großen Vorplatz und der unterirdischen Grabkammer, die aus fünf Hallen besteht. Ding Ling war die erste Grabanlage der Ming-Gräber, die freigelegt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

Der Vorplatz der Grabanlage beginnt mit dem Grabtor und ist von da aus (wie die meisten Anlagen dieser Art) in einer Achse gradlinig bis zum Eingang der Grabkammer angelegt. An diesem Tor beginnt auch ein gerader Weg, der von hier aus bis zur Grabkammer führt. Die gesamte Anlage ist durch eine Mauer eingefasst worden. Hinter dem Grabtor folgt zunächst ein Platz, durch die Außenmauern begrenzt. Eine horizontale Mauer beschreibt zudem das Ende dieses Platzes, als Durchgang zur weiteren Anlage dienste das Ling'En-Tor, von dem jedoch nur noch das Fundament zu sehen ist. Dasselbe gilt für die Ling'En-Halle, bei der auch nur noch die Ansätze der Säulen erkennbar sind, die sie getragen haben. Es folgt ein weiteres Tor, das Tor der Sternenanbetung (Xing Ling Men). Vor hier aus geht es auf den Turm der Seelen zu, der etwas erhöht auf einer Terrasse steht. Von dieser Terrasse aus beginnt auch eine kreisrunde Mauer, die den gesamten Hügel, in dem sich die Grabkammer befindet einrahmt. Der Eingang zur unterirdischen Kammer befindet sich auf der Rückseite.

Die Grabkammer besteht aus fünf Hallen, der vorderen, mittleren, hinteren, linken und rechten Halle, die kreuzförmig angeordnet sind. Die drei Särge von Wanli und seinen Gemahlinnen wurden in der hinteren Halle gefunden. Heute werden dort jedoch nur deren Nachbildungen ausgestellt. In den anderen Hallen wurden kostbare Grabbeigaben in unzähligen Truhen und die Throne der Herrscher gefunden.

Von dem schönen Zugang zur Anlage, dem "Weg der Seelen" und den steinernen Skulpturen, die den 700 m langen Weg säumen, sahen wir nichts, auch nichts von der sonstigen Anlage. Wir wurden direkt zur Grabanlage Ding Ling gefahren und stiegen 27 m tief hinunter und sahen leere Räume, es hätten auch Bunker sein können, mehr Charme versprühten sie nicht. Das hätten wir uns auch schenken können.

Am Abend gab es wieder ein Perestroika-Essen. Wir sollten die berühmte Peking-Ente kennenlernen. Dazu aus Wikipedia:
Vorbereitung
Bei der Pekingente wird besonderer Wert auf die Haut gelegt. Deshalb werden die Tiere nach der Schlachtung einer besonderen Prozedur unterzogen, die sich mit handelsüblichen Enten nicht nachvollziehen lässt. Die Ente wird gerupft, aber nicht ausgenommen, Kopf und Füße werden nicht entfernt. Durch einen kleinen Schnitt am Hals wird nun die Haut aufgeblasen wie ein Luftballon, damit sie sich vollständig vom Fleisch trennt. Durch einen möglichst kleinen Schnitt unterhalb des Flügels werden anschließend die Innereien entfernt. Die Füße werden abgeschnitten. Nun wird die Ente am Hals aufgehängt, mit kochendem Wasser überbrüht, gewürzt und rundherum mit in heißem Wasser aufgelöstem Honig oder Malzzucker eingestrichen, um dann an einem gut belüfteten Ort für einige Stunden zu trocknen. Zubereitung und Servieren
Die so vorbereitete Ente wird hängend in einem speziellen Ofen über mehrere Stunden gegart, wobei sich die Haut wieder aufbläht, knusprig wird und die typische, glänzend rote Farbe annimmt. Jetzt wird die Ente den Gästen vorgeführt. Die Haut wird in gleichmäßige Rauten geschnitten, dabei das Fett abgeschabt und in zusammengerollten Pfannkuchen mit einer speziellen Sauce und Lauchzwiebeln als Vorspeise serviert. Anschließend wird das Fleisch in mundgerechte, dünne Scheiben geschnitten und mit verschiedenen Beilagen als Hauptgang gereicht. Es gibt allerdings auch die Version ohne Trennung von Haut und Fleisch, das Fett wird durch die Art der Zubereitung verschmolzen, gewürzt wird nur mit Malzzucker. Hierbei wird die Ente vor dem Gast tranchiert. Während des Hauptgangs wird aus den Resten der Ente eine Suppe gekocht, die, wie in China üblich, das Menü abschließt.


Nach einigen Gemüse-, Fleisch- und Fischvorspeisen wurde die Peking-Ente serviert. Wir erhielten die vereinfachte Touristenversion der fertigtranchierten Ente, die reichlich fett war, aber es schmeckte sehr gut. Im Anschluß bekamen wir von dem chinesischen Partner Perestroikas, von dem wir hier betreut werden, als Abschiedsgeschenk ein Zertifikat, das unsere Reise in China auf den Spuren Marco Polos bestätigt und ein Paar wunderschöne Eßstäbchen in Cloisonné-Technik, die uns animieren sollen auch zu Hause das Essen damit weiter zu üben.

Beijing, 24.07.07 (CHN)

Als Abschluß unserer offiziellen Besichtigungstour in Peking besuchten wir das große Lamakloster Yonghegong.

Der Lamatempel (Yonghegong) in Peking, eigentlich Palast des Friedens und der Harmonie, ist eine Residenz, welche 1744 unter Kaiser Qianlong zu einem lamaistischen Tempel umgebaut wurde. Er ist einer der größten lamaistischen Tempel außerhalb Tibets und gilt als die am besten restaurierte Tempelanlage Pekings. Hier leben etwa 100 Mönche, aber man sollte besser sagen sie arbeiten hier, denn sie haben außerhalb des Tempels Familie und erhalten 150 Yuan pro Monat zum Leben. Die in Nord-Süd-Richtung ausgerichtete Anlage besteht aus einem Ziergarten, mehreren Innenhöfen und verschiedenen Hallen. Als Höhepunkt gilt die Halle des Unendlichen Glücks (Wanfuge), in welcher eine 18 Meter hohe, aus einem einzigen Sandelholzbaum geschnitzte Statue des Buddha Maitreya steht. Diese Statue schenkte der 7. Dalai Lama Kaiser Qianlong. Seit 1990 ist sie im Guinnessbuch der Rekorde verzeichnet. Die Anlage machte für uns einen chinesischen Eindruck, nur die Gebetstrommeln und manche Skulpturen, die Stierköpfe haben und statt Gold blau bemalt sind, deuten auf Lamaismus hin.

Viele einheimische Besucher, die den Tempel besuchen, kommen um zu beten und es ist auffällig, daß es in der Mehrzahl junge Leute sind.

Einige von uns gingen am Abend in die Peking-Oper. Die für uns ungewohnte Länge von 3 Stunden war auf eine touristenverträgliche Länge von 1,5 Stunden gekürzt worden. Das Urteil reichte von "toll - muß man gesehen haben" bis zu "ich kann jetzt wenigstens sagen, daß ich sie gesehen habe."

Anschließend saß der größte Teil der Gruppe noch in der Hotellobby bei einem Bier zusammen. Der Reiseleiter war natürlich nicht dabei.

Beijing, 25.07.07 (CHN)

Den heutigen freien Tag benutzten wir zur Erkundung der näheren Umgebung. Hinter unserem Hotel ist ein Freizeitpark mit einem See. Einige Buden bieten Ramsch an, die Pekinger nutzen die Freiflächen für diverse Sportarten. Da wir Jojo geübt, eine ältere Frau gibt Anleitungen, zeigt Tricks und führt vor, daß erst elegante Bewegungen den Jojo-Spieler ausmachen. Dann wird zu Musik synchron gespielt. An einem anderen Platz wird ein Ballspiel mit Schlägern gespielt. Dabei wird der Ball nicht geschlagen, sondern mit fließenden, schwingenden Bewegungen "geschleudert", oder aber man läßt allein den Schläger mit dem Ball in fließenden Bewegungen um den Körper kreisen und das geht synchron mit vielen zu Musik sehr gut. Ein Stück weiter spielt ein Mann Flöte, er übt nach einem für mich unverständlichen Notenbild. Ein anderer schreibt mit einem dicken Pinsel und Wasser selbst verfaßte Traktate auf die Steinplatten, die oben schon getrocknet und verblaßt sind, ehe er es vollendet hat. Überall sieht man Erwachsene, die sich irgendwie betätigen oder einfach herumsitzen. Kinder sieht man natürlich auch, sie gehören in China ganz natürlich dazu, es gibt auch Spielgeräte, aber wenn man herumschaut, sind es die Erwachsenen, die den Park ausgiebig nutzen.

Ich muß noch einmal auf den Verkehr eingehen.
Als Autofahrer haben wir hier gelernt, daß es keine Regel gibt. Es fährt, wer die besseren Nerven hat, gefahren wird links und rechts, egal wie schnell man fährt, dementsprechend wird links wie rechts überholt, auch wenn rechts ein Standstreifen ist, dann drängelt man sich eben rein. Durchgezogene Linien haben keine Bedeutung, man fährt auch schon mal gegen die Fahrtrichtung. Nur eines wird so ziemlich beachtet: eine rote Ampel.

Damit komme ich zu den Fußgängern. Diese haben keinerlei Rechte. Eine grüne Fußgängerampel ist kein Zeichen für ein Sicheres-über-die-Straße-kommen, es bedeutet nur, daß die Chance von 1:100 auf 1:90 gestiegen sind, von einem Auto beiseite gehupt zu werden. Selbst Hilfskräfte in einer Uniform mit Trillerpfeife und roter Fahne in der Hand, die die Autofahrer auf Fußgänger in einer grünen Ampelphase aufmerksam machen, nützen nichts. Auch ein Polizeiwagen mit Blaulicht wird nicht beachtet. Selbst wenn zusätzlich gas Martinshorn eingeschaltet wird, macht keiner Platz. Dies gilt auch für Krankenwagen. Ich möchte hier nicht als Notfall in einem Krankenwagen liegen, der wird einfach nicht durchgelassen! Bei all diesem Chaos ist es verwunderlich, daß wir verhältnismäßig wenige Unfälle sehen.

In der Stadt wird sehr viel Neues gebaut und Altes renoviert. Beijing schmückt sich für die Olympiade 2008. Das Logo und Motto "One World One Dream" leuchtet einem überall entgegen. Viele Straßenschilder sind schon auf Zweisprachigkeit umgestellt, es bleibt aber noch eine Menge zu tun, soll sich die Welt in Peking zurechtfinden.

Beijing, 26.07.07 (CHN)

An unserem letzten Tag präsentierte sich Peking unter einer dicken Dunstglocke, die kaum das Tageslicht durchließ, aber auch die Hitze in den Straßen hielt.

Eine halbe Stunde zu Fuß von unserem Hotel am Westbahnhof liegt ein Kaufhaus der Carrefour-Kette, in der es Alles geben sollte, was das westliche Herz begehrt. Wir wollen da unsere Bestände für die morgige Weiterfahrt auffüllen, da der Kühlschrank ausgeschaltet ist und wir deshalb alle Frischbestände vorher aufgebraucht haben. Wir brauchen Milch, Brot, Tomaten, Gemüse und - da wir schon mal hier sind - Käse. Milch gibt es in vielen Sorten, es lief sogar eine Promotion-Veranstaltung, um die Milch anzupreisen.

Milch und Yoghurt bekommt man übrigens mittlerweile überall in China und in diesem Hotel haben wir festgestellt, daß viele Chinesen zum Frühstück ein Glas Milch trinken. Käse allerdings gibt es nur als Scheibletten und Schmelzkäse, die aber in unzähligen Sorten.

Heute nahmen wir Abschied von Peking, besuchten noch einmal den Park, bummelten durch die Straßen unseres Viertels, das wir ein wenig kennengelernt haben. Am Abend gab es wieder ein Perestroikaessen, zum dem wir uns abgemeldet haben, wir wollten noch einmal das Leben auf der Straße inhalieren. Wir gaben gelernt, daß der "Normal-Pekinger" seine Wohnung nur zum Schlafen benutzt, sie dementsprechend spartanisch eingerichtet ist. Leben tut der Pekinger auf der Straße. Dies können wir beobachten. Man spielt, ißt, liest, klönt, sitzt herum, ja man wäscht sich, wenn ein Wasserhahn in der Nähe ist, man trifft Leute. Dieses wollten wir heute Abend zum Abschied auch tun. Wir wollten in "unser" Lokal, uns das Gemüse aussuchen, das dann in Brühe gekocht wird, ein paar Spieße Fleisch knabbern und bei einem kalten Bier das Leben um uns fühlen.

Es wurde ein schöner Abend. Wir beobachteten die kleinen Kinder, die entweder gar nicht bekleidet oder in dem unten offenen Höschen herumlaufen, die Männer, die, egal wie sie gebaut sind, ihr T-Shirt hochkrempeln oder ganz ausziehen, die Mädchen und Frauen, die stolz und modisch einher stöckeln, aber auch die Männer und Frauen, die eklig hochziehend neben unseren Tisch spucken.

Nun sind wir müde. Eine letzte Nacht in klimatisierter Luft, dann hat die Straße uns wieder. Wir sind bereit für Neues.





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