Entdeckerreise 2007: Auf den Spuren Marco Polos

Bericht 18: China - Kloster Labrang (Xiahe), Lanzhou, Pingliang, Xi´an, Luoyang, nach Beijing



05.07.07 bis

Lanzhou (CHN)

19.07.07

Nach Beijing (CHN)


Nach Labrang (Xiahe), 05.07.07 (CHN)

Bei leichtem Nieselwetter ging es heute nach Süden. Wir wollten das Kloster Labrang besuchen, das auch den Beinamen "Klein Tibet" trägt.

Eine gut ausgebaute Straße ging bald in eine schlechte über, was die Chinesen nicht abhielt, trotzdem Maut zu kassieren. Die Straße wurde nicht nur schlecht, sondern unzumutbar, viele Kilometer ging es über eine Schlagloch-Schotter-Schlammpiste, die den Wagen wieder die richtige Expeditionspatina verlieh und alles mal wieder richtig durchschüttelte.

Wir kamen in ein Gebiet der Hui-Chinesen. Die Hui sind eine der 56 Nationalitäten Chinas, die offiziell als eigenständige Völker "anerkannt" worden sind. Eine Besonderheit der Hui ist, dass sie zwar über ganz China verstreut, örtlich aber konzentriert in "Hui-Stadtvierteln" oder "Hui-Dörfern", meistens im Umkreis der Moschee leben. Die Hui-Chinesen haben verschiedene Ursprünge. Einige an der Südostküste stammen von arabischen Händlern ab, die seit dem 9. Jahrhundert in China siedelten, andere haben ihre Vorfahren in mongolischen, turkischen und andere zentralasiatischen Siedlern. Die nordchinesischen Hui-Dörfer werden als "Blau-Kappen Huihui", "Schwarz-Kappen Huihui" und "Weiß-Kappen Huihui" bezeichnet, um sie hinsichtlich ihres möglicherweise christlichen, jüdischen oder moslemischen Ursprungs zu unterscheiden.

Das Gebiet wurde muslimisch, die Männer tragen weiße Kappen, chinesisch untypisch Bärte, Sakkos und Spormützen. Die Frauen tragen rosa Mützen, deren Form an Bäckermützen erinnert, und/oder ein schwarzes Samtspitzenkopftuch. Ihre Haut ist dunkler und uns fiel auf, daß die Menschen hier vermehrt Brillen tragen. Woran das liegt, darüber können wir nur spekulieren. Entweder liegt es an der Nähe zum Labrang-Kloster und die tibetische Medizin-Fakultät hat mitbekommen, daß man mit Brillen Sehschwächen korrigieren kann oder der örtliche Arzt hat eine größere Lieferung Brillen bekommen. Auch hier trugen die kleinen Kinder Hosen, die im Schritt nicht zugenäht sind. Zusammen mit dem Fehlen von Unterwäsche ist das sehr praktisch! Vermehrt tauchten mit chinesischer Fantasie gebaute Moscheen auf.

Ein Tor symbolisierte den Eingang in den tibetischen Teil Xiahes. Die Straßenschilder wurden wieder zweisprachig, tibetisch kam hinzu, eine wunderschöne Schrift. Die Menschen, den wir begegneten, waren überwiegend tibetisch. Herrlich spannend waren ihr bunte, mit Borden geschmückte Kleidung, die Hüte und die dicken langen Zöpfe der Frauen, dunkle Gesichter und hohe Wangenknochen kennzeichneten sie. Ein fröhliches Volk, das besondern gern lachte, wenn wir ihnen die Bilder zeigten, die wir aufnahmen.

Kräftige Yaks mit ihren dicken langen Schwänzen weideten am Straßenrand. Fast unmerklich fuhren wir von 1.600 m auf 2.956 m Höhe hinauf, ein enges Tal brachte uns nach Labrang, der Klosterbezirk begrüßte uns. An unserem Stellplatz am Labuleng-Hotel, ein paar Minuten von Labrang entfernt, begrüßten uns tibetisch gekleidete Frauen.

Wilhelm lud zu einem Umtrunk zu seinem Geburtstag in die Bar des Hotels ein. Tibetischer Gerstenschnaps (tsching-go-tschau) und Bier stimmten uns auf den Abend ein.

Kloster Labrang, 06.07.07 (CHN)

Das Kloster Labrang liegt in einem Flusstal des Kreises Xiahe und im Übergangsraum zu muslimischen Gebieten der Provinz Gansu. 1709 erbaut, wurde es zu einer Drehscheibe im Handel zwischen China, Tibet und der Seidenstraße. Es zählt zu den sechs größten Klöstern der Gelugpa-Sekte des tibetischen Buddhismus. Auf dem ungefähr 86 ha großen Gelände des im tibetischen Stil erbauten Klosters befinden sich 48 Tempelhallen unterschiedlicher Größe sowie mehr als 500 buddhistische Kapellen und Mönchszellen. Das imposanteste, prächtigste und größte Gebäude des Klosters ist die sechstöckige Shakyamuni-Halle, chinesisch Jinwadian (Goldziegelhalle). Ihr oberstes Stockwerk ist ein palastartiger viereckiger Pavillon, dessen Dach aus vergoldeten Kupferziegeln besteht und mit vergoldeten Kupferlöwen geschmückt ist.

Der historischen Überlieferung zufolge lebten hier in der Blütezeit des Klosters 4.000 Mönche. 1980 waren es nur noch 10! Heute gilt das Kloster Labrang wieder als ein wichtiges geistiges Zentrum in Nordwestchina und als höhere Lehranstalt des tibetischen Buddhismus. Inzwischen gibt es hier wieder über 2.000 Mönche. Das Kloster hat sechs Studienfakultäten, in denen die Mönche buddhistische Theorie, Logik, Astronomie, Mathematik, tibetische Medizin, Kalligrafie, Phonologie, Tanzkunst, Malerei und Bildhauerkunst studieren können.

Wir kamen am Morgen und umrundeten mit den Tibetern die Halle der Gebetsmühlen. Das Tempo, das sie vorlegten, konnten wir allerdings nicht mithalten, wir meditierten lieber dabei, was die Tibeter zu verwundern schien, als sie uns mehrfach überholten.

Jede Fakultät hat ihren Tempel, in dem ein großer Buddha thront, je nach Zugehörigkeit mit Gold, Tüchern oder Farbe bedeckt. Einzelne Mönche taten in den Tempeln Dienst, andere schienen planlos herumzulaufen. Touristisch ist zum Glück noch nicht viel los, ein kleiner Souveniershop reichte, um die Wünsche unserer und einer holländischen Gruppe zu befriedigen. Dies wir sich in den kommenden Jahren wohl ändern. Dann können die Mönche und Besucher auch ihre Bedürfnisse auch nicht mehr auf den Wegen zwischen den Gebäuden verrichten, den Toiletten kennt das Kloster nicht. Es schon eklig, wenn die Mönche sich zum Teil mitten auf den Weg hocken und ihnen die Brühe unter der Kutte hervorläuft. Dementsprechend stinken alle Wege und sind auch sonst sehr unsauber, wie es eines Klosters (besonders mit medizinischer Fakultät) nicht würdig ist! Um sich den ungetrübten Eindruck eines tibetischen Klosters zu erhalten, rate ich, sich die Anlage von außen anzuschauen und nur den Eindruck des Gebetsmühlenumgangs mitzunehmen. Gegen Mittag riefen die langen Hörner (Musikinstrumente der Mönche) mit tiefen ruhigen Tönen zum Gebet. Aus allen Richtungen kamen hunderte von Mönchen gelaufen, ließen eilig ihre Stiefel vor dem Eingang der Halle stehen und ließen sich von einem Priester mit einer hohen gelben Haube in der Form eines Hahnenkammes zum Gebet rufen. - Glücklicherweise konnten wir an diesem Mittagsgebet der Priester teilnehmen, einige hundert Mönche saßen in der großen Halle und wiederholten die Mantras des obersten Lamas. Hier hätten wir noch lange stehen und die Eindrücke wirken lassen können - unvergeßlich.

Insgesamt hat das ganze Tal mit seinen unterschiedlichen Volkergruppen einen der mitreißendsten Eindrücke hinterlassen. Die Menschen sehen zum Teil so wahnsinnig schön aus, daß man sie endlos ansehen möchte. Ein Ausflug zum tibetischen Grasland zeigte uns noch einmal die herrliche Weite des Tales und die stolzen Bewohner mit ihren schönen Pferden. Hier oben finden die bekannten jährlichen Reiterfeste statt, wo die Reiter ihre Künste zeigen.

Am Abend lud Perestroika zu einem tibetischen Abendessen mit Folklore in das Nachbardorf ein. Zur Begrüßung erhielten jeder einen weißen Glücksschal. Danach gab es in einer kleinen Schale einen Reisschnaps. Zuerst wurde von uns erwartet, einen Tropfen mit dem Finger gen Himmel und zur Erde und dann in Richtung der Gastgeber zu spritzen. Danach konnten wir den Reisschnaps dann auch trinken.

Roel und Marga hatten 40jährigen Hochzeitstag und stockten das Essen um die Getränke auf. Es gab Feuertopf, so etwas wie Boullionfondue. Jeder bekam ein Stövchen mit Gemüsebrühe, auf einem großen Drehteller gab es Ziegenfleisch, Hähnchen, verschiedene Arten von Tofu, Krabben, Krabsticks, Gemüse, Seetang, Nudeln und einiges nicht Identifizierbares, was aber gut schmeckte.

Die Folklore fand anschließend draußen um ein großes Feuer statt. Einige junge Tibeter sangen und tanzten um das Feuer und animierten uns mitzumachen.

Nach Lanzhou, 07.07.07 (CHN)

Heute nacht regnete es und tiefhängende Wolken und Nieselregen begleiteten uns den ganzen Weg zurück. Nach dem Sonnentag gestern hatten wir uns auf eine schöne Rückfahrt gefreut, um die Schönheiten des Tals genießen zu können. Daraus wurde nun nichts.

Dieses Mal standen wir hinter dem Hotel und konnten wählen, am offenen stinkenden Abwassergulli oder vor einem Generatorhaus zu stehen. Als Alternative wurde uns nach massiven Protesten ein Parkplatz angeboten, auf dem wir die Sardinen stehen können, aber erst ab morgen und das dann für zwei Nächte. Das hat wirklich Pilotcharakter und zeugt nicht von 10 jähriger Erfahrung!

Lanzhou, 08.07.07 (CHN)

Was besichtigt man in einer Stadt, die zwar eine mehr als 2.000 jährige Geschichte hat und ein Knotenpunkt der Seidenstraße war, die aber zur Bedeutungslosigkeit herabsank und nach 1949 wieder industrielle Bedeutung erlangte?

Vor der Kulturrevolution gab es etliche Wasserräder, die Lanzhou und Umgebung bewässerten. Peking baute Wasserleitungen und zerstörte die Wasserräder. Zwei wurden nachgebaut, um die Geschichte zu veranschaulichen.

Über den Gelben Fluß spannt sich die erste Eisenbrücke Chinas, ein Geschenk Kaiser Wilhelms. Oberhalb auf dem Berg befindet sich die weiße Pagode (Baita Shan), die Dschingis Khan zu Ehren des tibetischen Lamas erbaut haben soll. Wir fuhren mit der Seilbahn noch Stück höher zu einem Teehaus, von dem man einen schönen Blick über Lanzhou haben könnte, wenn die Sicht klar wäre. Der Nachmittag gehörte dem Provinzmuseum, das einen Überblick über die Geschichte der Provinz Gansu bis zurück in graue Vorzeit bietet.

Will man jedoch das Leben kennenlernen, dann bedeutet das einen Gang in den Basar. Hier pulsiert das Leben. Gil verschwand sooft wie möglich für Stunden in den Basaren und Märkten der Umgebung und kam mit begeistert mit vielen Geschichten und Bildern und Einkäufen zurück. Fragt man die Chinesen um Hilfe, so wird sofort Begleitung angeboten und alles ausführlich erklärt. Das endet dann meistens mit einem Besuch in unserem Wohnmobil, wo alles ausführlich bestaunt wird. Oft jedoch stecken die Menschen einfach ihren Kopf in unseren Wohnraum und nicht immer ist das so witzig. Neugierde ist einfach ein Merkmal der Chinesen. Nun so kommt man sich in einem so großen Volk an die notwendigen neuen Informationen.

Am Abend wurden wir von Brigitta und Ad zu Kaiserschmarrn eingeladen. Das war sehr lecker, danke schön!

Lanzhou, 09.07.07 (CHN)

Heute standen die Grotten des Tausend-Buddha-Tempels (Binglingsi Shiku) auf dem Programm. Ein Bus fuhr uns ca. 60 km über kleine Nebenstraßen durch ein wildes Lössgebirge mit kleinen Dörfchen nach Süden nach Yongjing, wo die Boote ablegen, die uns über den Stausee zu den Grotten bringen sollten. Zwei kleine Schnellboote nahmen uns auf, wir zu 14 in einem 14-Sitzer. Bald blieb das Boot auf dem See liegen und der Fahrer rief per Handy ein größeres herbei. Die 14 Sitze waren für Asiaten berechnet und nicht für Europäer. Die Maschine war zu schwach. Ein 20-Sitzer übernahm uns und die Fahrt konnte weiter gehen. Leider konnten wir die 60 Minuten nicht genießen, da die Sicht schlecht war, aber auch aus den geschlossenen Fahrzeugen der See nicht zu fühlen war.

Diese Tempelgrotten sind ein weiteres Zeugnis des Buddhismus an der alten Seidenstraße. Hier, an der schmalen Jishi-Schlucht führten die Karawanenwege vorbei, denn ganz in der Nähe befand sich eine der wenigen Stellen, an denen der gelbe Fluß überquert werden konnte.

Der Zugang zur Jishi-Schlucht wurde erst 1952 wiederentdeckt. Sei dem 4. Jahrhundert wurden hier 183 Grotten und Nischen in den Fels geschlagen. Unübersehbar ist der indische Einfluß in den Darstellungen. Eine große Anzahl der Bodhisattva-Reliefs lassen in ihrer Anmut an indische Tänze denken, und auch die Buddha-Figuren stehen nicht in eigenen Nischen, sondern sind Pagodenreliefs indischen Stils.

Wir wanderten durch die Schlucht, ohne daß viele Menschen dort waren und genossen die Stille und konnten uns nicht satt sehen an den Reliefs und dem über 10 m hohen Buddha, der aus dem Fels gehauen wurde und immer neue Ansichten bot. Gerne wären wir noch länger geblieben und noch ein wenig die Schlucht aufwärts gegangen, doch unser Schiff wartete nicht, der Rückweg war noch weit.

Am Abend war wieder ein Perestroikaessen. Von dem Restaurant am gelben Fluß versprachen wir uns zu viel, denn wir saßen in einem geschlossenen Separee und sahen vom Fluß und seinem quirligen Abendleben erst hinterher etwas. Dabei war die Beleuchtung, die Bootslokale und Stände, dazu die Menschen schon einen Abend wert!

Nach Pingliang, 10.07.07 (CHN)

Am Morgen geht es wieder in die Berge. Das Wetter ist schön, nachts hatten wir 30 ° und wir freuen uns auf Neues. In 2.000 m Höhe sind viele Felder sind bereits abgeerntet. Fleißig sieht man die chinesischen Bauern auf den Feldern hocken und mit einer Sichel das Korn ernten. Die kleinen abgeernteten Felder werden mit dem Spaten umgegraben. Da es in China keinen Privatbesitz an Boden gibt, zahlt der Bauer einen kleinen Teil seiner Ernte als Pacht. Jeder Bauer kann seine Ernte an Privatpersonen oder den Staat verkaufen. Für ein Kilo Weizen bekommt er zwei Juan, das sind 20 Cent. Das Durchschnittseinkommen eines Bauern beträgt 40 Euro im Monat. Wenn man bedenkt, wieviel Arbeit darin steckt, das Feld umzugraben, zu düngen, zu säen, Unkraut zu jäten, zu ernten, zu dreschen und auf den Markt zu transportieren und zu verkaufen, so sieht man sehr deutlich, wie fleißig die Bergbauern sein müssen, denn auf den kleinen Feldern an den Hängen der Berge, die oft terrassenförmig bis in die Gipfel reichen, können keine Maschinen eingesetzt werden. Schon heute können die Chinesen den Eigenbedarf an landwirtschaftlichen Produkten nicht mehr decken und müssen auf dem Weltmarkt dazu kaufen, um die Bevölkerung mit den notwendigen Lebensmitteln zu versorgen. Alle 4 Sekunden wird in China ein Kind geboren. Im Jahr 2040 müssen alle auf dem Weltmarkt angebotenen landwirtschaftlichen Produkte aufgekauft werden, die wachsende Bevölkerung zu versorgen.

Halsbrecherisch schmale Trampelpfade führen zu den oft weit entfernten Feldern. Die kleinen Handwagen werden von den Bauern selbst gezogen, sie haben kein Geld sich ein Pferd anzuschaffen.

Seit Tagen schon fahren wir durch Lössgebirge. Was ist Löss genau? Ich schlug bei Wikipedia nach:
Löss ist primär ein äolisches Sediment, seine Bestandteile wurden durch Wind ausgeblasen und transportiert, daher rühren seine charakteristisch gute Sortierung und die vorherrschend eckige Form der Körner. Auffallend ist die hohe Standfestigkeit von Lösswänden an Berghängen und in Hohlwegen. Das durch den Wind angeblasene Sediment ist gewöhnlich ungeschichtet, unverfestigt und sehr porös, kann jedoch bei späterer Umlagerung durch Wasser eine Schichtung erhalten (Schwemmlöss). Die poröse Struktur wird durch die Grasstängel erklärt, zwischen denen sich der Löss absetzte. Bei Überanspruchung durch landwirtschaftliche Nutzung oder sonstiger Verdichtung kann es zu einer schnell fortschreitenden Verwitterung der Lössböden kommen. Der damit einhergehende Verlust an Bindungskraft kann insbesondere bei starken Niederschlägen zum Auftreten von Bodenrutschen, Grabenbildung und ähnlichen Phänomenen führen. In Westeuropa tritt Löss sehr verbreitet mit Mächtigkeiten bis zu 40 m auf. Die mächtigsten Lössdecken findet man in Ostasien, insbesondere in China. Entlang des Huang He (= Gelber Fluss) steht Löss in Decken von bis zu 400 m an.

Das konnten wir genau beobachten: Einerseits wurden zum Straßenbau die Berge messerscharf abgeschnitten, andererseits waren Canyons tief in den Lößboden geschwemmt. Die Bauern hatten, wohl in jahrhundertlanger Arbeit, die Berghänge in Terrassen umgestaltet. Jeder Quadratmeter wurde beackert. Aber auch hier war die Erosion sichtbar. Wenn ich diese Lössberge so sehe, denke ich, daß sie bei jedem Regen durchweichen müßten und ein einziger Matschhaufen sein müßten. Aber sie scheinen ja standfester zu sein, als sie aussehen.

In den Straßenläden werden als Neuheit Parabolspiegel aus kleinen Glasspiegeln zusammengesetzt verkauft. Im Brennpunkt ist eine Halterung angebracht, die einen Topf hält. Hier in diesem Sonnenland eine sinnvolle Möglichkeit zu kochen!

Unser Etappenziel, wie immer ein Hotelparkplatz, war nicht so schlimm wie befürchtet, wir hatten sogar Platz, auch die Temperatur war erträglich. Seitdem wir "Energieminister" haben, klappt es mit der Stromversorgung auch besser.

Nach Xi´an, 11.07.07 (CHN)

Der gestrige Abend endete - wie fast immer- damit, daß ca. 40 Chinesen Frauen und Männe, Omas, Opas und viele Kinder unser Wohnmobil besuchen und - je nach dem, ob wir dazu Lust haben - auch besichtigen.

Dunst begleitet am Morgen unsere Abfahrt aus der Stadt. Die Landstrasse bedeutet Kampf mit der Fahrweise der Chinesen, lautes Hupen ist von beiden Seiten angesagt und es stellt sich die Frage nach den besseren Nerven. Auch unsere Frage an die Reiseleiterin nach der Verkehrsvorschriften hilft nicht weiter: Geradeausfahrende haben Vorfahrt, das scheint die einzig sichere Aussage zu sein, zu den Vorschriften im Kreisverkehr: "wie es denn kommt, je nach dem" und die Verkehrspolizei hat vor allem dafür zu sorgen, daß der Verkehr weiter fließen kann. Also winkt sie fleißig immer durch. Auch nicht sehr hilfreich. Besonders schwierige Situationen entstehen heute dadurch, daß Wagen 4, ein 10Tonner, beide Fahrspuren blockiert (ein sinnloser Machtkampf) und die Lastwagen versuchen müssen, rechts oder links vorbeizufahren.

Der graue Himmel gestattet uns ein Ausruhen von der Hitze. Die Berghänge sind vereinzelt mit Bäumen bewachsen, Landwirtschaft ist an den Hängen nicht mehr möglich. Viele neue Bäume wurden an den Hängen angepflanzt und nach und nach werden die Bäume mehr und wir genießen die schöne Luft durch die ersten Tannenwälder. Wir wundern uns, daß die Menschen hier so wenige Gemüse pflanzen, hier wird vorwiegend Weizen angebaut, obwohl wir auch einige neue Auberginen- und Paprika- sowie Tomaten- und Zucchinipflanzen entdecken. Die zweite Ernte ist hier möglich und so sehen wir Tomaten- und Bohnenpflanzen, die bereits abgeerntet sind sowie neue Pflanzen, an denen die ersten Blüten sind. Wir verlassen die Provinz Gansu und erreichen Shaanxi. Ostplantagen an beiden Seiten der Strasse sowie die ersten zweistöckigen Häuser in den Dörfern mit weißen Fassaden zeigen einen gewissen Wohlstand. An den Straßen stehen Polizisten und winken uns zu. Die Straße ist jetzt gesäumt von Hängeweiden und Tannen, eine komischen Kombination. Rechts und links der Fahrbahn befindet sich eine Spur für die Radfahrer und Fußgänger. Immer noch werden die Straßen von vielen fleißigen Straßenkehrern mit dem Besen gekehrt. Eine wahnsinnige Arbeit.

Von den steilen Hängen haben wir eine weite Sicht in die entfernten Täler. Alles ist sauber und quicklebendig. Befindet sich an der Straße ein Gemüsemarkt, so kommen die Menschen aus allen Straßen zum Einkaufen. Es vergeht kein Augenblick ohne Staunen, so viel gibt es zu sehen. An manchen Bäumen sind die Äpfel in Papiertüten eingewickelt, angeblich gegen Schädlinge. Aber wir sehen auch, wie die Apfelbäume noch gespritzt werden, obwohl die Äpfel schon sehr groß sind, also könnten die die Tüten auch ein Schutz gegen die Gifte sind. Da auf den Landstrassen sehr viele Lastwagen fahren, sind an der Straße vor den Garküchen Waschbecken auf Ständern aufgestellt. So haben die Lastwagenfahrer nach langer Fahrt die Gelegenheit sich zu waschen.

Inzwischen ist es wieder richtig heiß geworden, wie stehen seit 30 Minuten in einer Doppelschlange von Lastwagen, nichts geht mehr. Lautes Hupen und potente PS-Machtspiele lassen die Aufregung andauern. Die weitere Strecke dauert dann 4 Stunden für 20 km, was muß man dazu noch sagen… Abends fallen wir nur noch müde ins Bett. Der Stellplatz, wo wir 4 Nächte verbringen werden, ist scheußlich, es ist fürchterlich heiß und wir stehen direkt vor einem lauten Generator.

Dies ist ein dunkler Hinterhof vom Hotel mit vielen Scheußlichkeiten, sehr eng, mit offenem Müllhaufen, und das Ganze in einer Gegend, in der absolut Nichts ist, was einem zu einem Bummel verlocken könnte. Und wir haben hier den ersten freien Tag noch 14 Tagen! Soviel zu der Gelegenheit, sich die schöne Stadt Xi´an selbst zu erobern. Das geht leider nicht. Wer von sich aus in die Stadt mit der Taxe fährt muß feststellen, daß bis zu fünf Taxen es ablehnen, uns zu fahren, da wir zu weit vom Zentrum entfernt stehen.

Xi´an, Terrakottaarmee 12.07.07 (CHN)

Heute sind wir erst mal umgezogen, weg von dem Generator in die Mitte des Platzes. Dies ändert zwar nichts an dem Hinterhofcharakter, aber als dann noch der Generator abgeschaltet wird ist es ein wenig erträglicher.

Xi'an war die erste Hauptstadt des Kaiserreichs China und blieb für 13 Dynastien (1.120 Jahre, bis 1368) Hauptstadt unter dem Namen Cháng'an (Immerwährender Frieden). 582 war sie flächenmäßig (88 km²) und mit etwa 1 Million Einwohnern auch sonst die größte Stadt der Welt. Hier, im Zentrum Chinas, der alten Hauptstadt, ist der Beginn der Seidenstraße. Alle Nebenstrecken laufen hier zusammen. Hier ist eigentlich das Ziel unserer Reise auf den Spuren Marco Polos auf der Seidenstraße. Hier sollte das Ziel unserer Wünsche sein, wir wollten den Flair der alten Zeit spüren, auf der Stadtmauer stehen, wenn die Karawane kommt, vielleicht treffen wir sogar Marco Polo auf einer neuen Reise.

Wer kennt nicht die Terrakottaarmee?
Die 1974 von Landarbeitern bei Xi'an entdeckte Grabstätte des Kaisers Qin Shihuangdi ist einer der bedeutendsten archäologischen Funde des zwanzigsten Jahrhunderts. Bereits im Alter von 13 Jahren (246 v. Chr.), kurz nach seiner Thronbesteigung, ließ der Kaiser mit dem Bau seiner Grabstätte beginnen. Während der 36 Jahre dauernden Arbeiten waren bis zu 70.000 Arbeiter gleichzeitig mit dem Bau beschäftigt. Auf einem mehrere Tausend Quadratmeter großen Areal wurde eine Grabkammer, geschützt von einer Armee lebensgroßer Tonsoldaten, der Tonsoldatenarmee (Terrakottaarmee), errichtet. Es handelt sich um die Darstellung einer vollständigen Armee der damaligen Zeit, bestehend aus mehr als 7.000 lebensgroßen Tonfiguren, die auf mehrere unterirdische Kammern verteilt sind. Aufgestellt sind Fußsoldaten, Reiter, Pferde und Kriegswagen, denen echte Waffen (Schwerter, Pfeilspitzen, Armbrüste) beigegeben sind. Die verschiedenen Ränge sind an unterschiedlichen Uniformen erkennbar. Bemerkenswert ist, dass alle diese Figuren individuell gestaltet sind, also keine zwei in Haltung, Gesichtszügen oder Ausstattungsdetails identisch sind. Seit 1987 stehen die Grabanlagen auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO.

Da kann man noch so viele Bilder sehen, davorzustehen zeigt einem erst die gewaltige Leistung. Zu Recht wird sie auch als achtes Weltwunder bezeichnet!

Xi´an, 13.07.07 (CHN)

Unsere heutige Besichtigungstour führte uns zur großen Wildganspagode.
Sie war ursprünglich ein Tempel aus der Sui-Dynastie, welcher im Jahre 647 von Kaiser Gaozong (Tang-Dynastie) zu Ehren seiner Mutter ausgebaut wurde. In diesem Tempel lebte der Mönch Xuanzang, er war 17 Jahre durch Indien gereist und hatte dort den Buddhismus kennengelernt. Die buddhistischen Schriften, welche er von dieser Reise mitgebracht hatte, übersetzte er in diesem Tempel. Die große Wildganspagode besteht aus sieben Stockwerken. Im Inneren befindet sich eine Holztreppe, auf welcher man in die sieben Stockwerke gelangen kann und (bei klarer Luft) eine gute Aussicht genießt.

Der Namen Wildganspagode geht auf eine indische Legende zurück: "Einst gab es ein Kloster des Hinayana-Buddhismus, in welchem Mönche auch Fleisch essen durften. Eines Tages gingen die Fleischvorräte zu Ende und einer der Mönche rief: ‚Wir haben kein Fleisch mehr, und Buddha sollte das wissen'. In diesem Moment fiel eine Gans aus einer Schar Wildgänse, die gerade über das Kloster flogen, tot vom Himmel. Die erschrockenen Mönche - im Glauben, Buddha selbst habe sich geopfert - errichteten der Gans eine Pagode".

Die Kleine Wildgans-Pagode ähnelt der großen Wildgans-Pagode zwar sehr. Sie ist jedoch mit 43 m Höhe um 21 m niedriger, hat aber trotzdem insgesamt 13 Geschosse, also sechs Etagen mehr. Aus diesem Grund sind auch die einzelnen Etagen äußerst niedrig und der Aufstieg ist sehr eng. Sie erhielt ihren Namen, da sie wie ein Spiegelbild in Sichtweise der großen stand.

Der Glockenturm liegt auf der geometrischen Achse der vier bedeutendsten Stadttore. Heute noch wird jeden Morgen um acht Uhr die große Glocke geschlagen, in früheren Zeiten ein Zeichen zum Öffnen der Stadttore, während vom Trommelturm in der Nähe zu Beginn der Dämmerung die große Trommel das Zeichen zum Schließen gab.

Der Trommelturm kennzeichnet auch den Beginn des islamischen Viertels, in dem die die große Moschee steht. Diese Moschee war für uns eine große Überraschung. Sie ist 1.250 Jahre alt. Die heutige Anlage wurde Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet, die Gebäude sind dem chinesischen Baustil angepasst und von chinesischen Gärten umringt, die in vier Höfen auf einem 12.000m² großen Areal angeordnet sind. Im Zentrum liegt der Hauptgebetsraum, der Muslimen vorbehalten ist. Die Moschee von Xi'an ist eine der größten Moscheen Chinas. Diesen Ort der Ruhe und Besinnung in dieser quirligen Stadt hätten wir hier nicht erwartet. Wir rasteten aber nur einen kurzen Augenblick, bevor wir uns in das Gewühl des Basars vor den Mauern der Moschee stürzten. Hier wurde alles angeboten, was man an unnützen Dingen sich nur wünschen kann. Die Händler waren ein wenig aufdringlich, aber wir werden langsam gewitzt beim Feilschen, so daß manchem die Lust vergeht. Hier fanden wir auch alles wieder, was wir an anderen Stellen schon erhandelt hatten und stellten fest, daß wir schon ganz gut darin sind, den Wert eines begehrten Teils zu taxieren.

Die Stadtmauer von Xi'an wurde zwischen 1374 und 1378 erbaut und in den 1980er Jahren renoviert. Sie ist die größte weitgehend erhaltene Stadtmauer in China. Mit einer Gesamtlänge von insgesamt 13,6 km umschließt sie die Innenstadt von Xi'an. Vom Aufbau her ist sie ein ummauerter Erdwall. Ihre Breite beträgt am Sockel 18 m, an der Krone 12 m. Ihre Höhe beträgt 12 m. Vier Tore (Nordtor, Westtor, Südtor und Osttor) gewährten früher einen durch Zugbrücken geschützten Zugang zu der Stadt.

Der Abend gehörte der Kultur. Wir gingen in das Theater und sahen eine Show, die an die Pekingoper erinnert. Die Bühnenbilder und Kostümierung waren an die klassische chinesische Oper angelehnt, farbenfroh und exotisch. Die Musik war eine Mischung aus chinesischer Tradition und westlicher neuerer Musik. Mir hat es gut gefallen.

Xi´an, 14.07.07 (CHN)

Der heutige Tag war frei, was heißen soll, daß eigentlich jeder selbst bestimmen kann, was er tut. Viele nutzten ihn zum Putzen, einige führten notwendige Reparaturen durch. So auch ich. Mein Kühlschrank heizt auf 230V gar nicht mehr, auf Gas nur, wenn ich es von außen anstecke und die Gas-Fernanzeige funktionierte auch nicht mehr. Den Fehler im 230 V-Kreis fand ich nicht und gab eine Anfrage an meine Womowerkstatt weiter, aber ich ermittelte eine Sicherung im Piezo-Kreis und siehe da, drei Fehler waren behoben: ich konnte wieder das Gas des Kühlschranks von innen einschalten, die Gas-Fernanzeige funktioniert wieder und - o Wunder - die Piezozündung des Herdes, die ich schon längst abgeschrieben hatte, funktioniert wieder.

So war der Tag erfolgreich und ich konnte mich an das Schreiben dieses Berichtes machen, was ich allerdings am Spätnachmittag unterbrechen mußte, da der Reiseleiter eine Besprechung angesetzt hatte. Ihm gefiel es nicht, daß sich einige Leute über die mangelhaften Stellplätze beschwert hatten, wurde doch auf der Vorbesprechung gesagt, daß mit solchen Plätzen zu rechnen sei. Es werde auch noch schlechter kommen, wiegelte er ab. Daß in zehn Jahren sich nichts geändert hat, außer daß die Straßen besser geworden sind, fiel nicht ins Gewicht. Den hohen Reisepreis zahlen wir ja auch wegen der Stellplätze, oder bleibt für die nichts übrig?

Im folgenden wurde über das Fahrverhalten einiger gesprochen, insbesondere das von Wagen 15, die sich auch nicht den freien Tag nehmen lassen wollten und der Besprechung ferngeblieben waren. Vehement wurde Front gegen ihn bezogen, plötzlich war es nicht nur seine Fahrweise, jetzt störte ihre Knurrigkeit und ihre Eigenbrötlerei, ihre unbegrenzte Hilfsbereitschaft war kein Pluspunkt. Vor genau einem Monat habe ich gefragt, wer nach der Gruppendynamik nun als neuer Prügelknabe oder Stinkstiefel ausgeguckt wird und es scheint, daß ein neuer gefunden wurde.

Nach Luoyang, 15.07.07 (CHN)

Wieder haben wir einen grauen Himmel. Die Luftfeuchtigkeit liegt bei 80%, der Regen vorgestern hat eine Menge Wasser gebracht. Wir rätseln, ob der Dunst das Ergebnis der vielen Kraftwerke ist , die unterwegs sehen, oder vom Regen kommt. Die Autobahn nach Beijing hilft die anstehenden 1.300 km in nur drei Tagen zu fahren, nimmt uns aber jeden Erlebniswert. Sehr schade.

Wir fahren an Feldern vorbei und sehen durch die Baumreihen leider kaum Menschen und noch weniger Dörfer. Auch die heiligen Berge können wir nicht sehen, da sie sich in Dunst gehüllt haben. Die Hitze nimmt im Lauf des Tages wieder zu, so dass wir gegen 19.00 Uhr noch 35° haben. Die Fahrt durch die Stadt ist problemlos, es ist Sonntag und der Verkehr hält sich in Grenzen. Unser abendlicher Stellplatz befindet sich vor dem Grand Hotel und die Menschen pilgern um unsere Wohnmobile und besichtigen diese und uns. Na ja, wir gewöhnen uns allmählich daran, besichtigt zu werden.

Der Abend schließt damit, dass wir wieder einmal anstehen, um einen Schlüssel für die Dusche zu ergattern. Nach den Mücken von gestern Nacht sind wir heute vernünftiger und haben bereits alle Mückengitter geschlossen.

Luoyang, 16.07.07 (CHN)

Die Longmen-Grotten ("Drachentor-Grotten, 12 km südlich von Luoyang, gehören zu den bedeutendsten Höhlentempel in China. Im Jahr 493 wurde mit dem Bau der Grotten begonnen. Auf einem etwa 1000 m langen Klippenstück befinden sich 2.345 Grotten. Sie enthalten zahlreiche Pagoden, Gedenksteine, Buddhafiguren und Steinskulpturen, es sollen nahezu 100.000 sein. Am beeindruckendsten ist die 17 m hohe Staue des Buddha Vairochana und der kraftvollen Kolossalgestalten der Himmelskönige und Wächterfiguren im Fengxian-Tempel, dem größten Höhlenkomplex der Longmen-Grotten.

Zur Zeit der Kulturrevolution wurden viele Buddha-Figuren zerstört oder stark beschädigt. Die Grotten wurden 2000 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.

Der Tempel des weißen Pferdes (Baima Si) stammt aus der Zeit um 68 n. Chr.. Damit gilt er als der älteste buddhistische Tempel des Landes. Der Kaiser der damaligen Zeit sandte auf Grund einer Vision eine Delegation nach Indien, die mit wertvollen Reliquien und Schriftrollen zurückkehrte. Diese kostbare Last trugen zwei weiße Pferde, nach denen der neue Tempel benannt wurde. Nur noch die Gräber der Gründermönche sind aus der Anfangszeit, die Tempelbauten einschließlich der 13-stöckigen Wolkenkratzerpagode stammen aus dem 12. Jahrhundert.

Luoyang, 17.07.07 (CHN)

Das Shaolin-Kloster, ca. 60 km süd-östlich von Luoyang, ist berühmt für seine Kampfkunst und gilt außerdem als die Geburtsstätte des historischen Chan-Buddhismus, dem Vorläufer des Zen.
Bei uns ist das Kloster vor allem durch die akrobatischen Leistungen und beeindruckenden Fähigkeiten der Wushu-Showgruppen bekannt, die durch viele Länder touren. Diese demonstrieren jedoch nicht nur traditionelle Shaolin-Kampfkunst, sondern auch zum Teil modernes Wushu, ergänzt durch ästhetische Showeinlagen.

Der Shaolin-Tempel entstand um 495 n.Chr. und wurde vom indischen Mönch Ba Tuo im Songshan Gebirge in der Provinz Henan erbaut. Der Legende nach entwickelte der indische Mönch Bodhidharma die Grundlagen der Shaolin-Kampfkünste, die seitdem von den Mönchen des Tempels weiterentwickelt und trainiert werden. Die letzte Zerstörung des Klosters war im Jahre 1928, als verschiedene Kriegsfürsten ihre Streitigkeiten auf dem Gebiet des Tempels ausfochten. Dabei gingen ein großer Teil der religiösen Kunstschätze und Schriften des Tempels verloren, und der Tempel wurde kaum wieder aufgebaut.

Während der Kulturrevolution wurden die Mönche zum größten Teil vertrieben. Die Ruinen des Klosters waren jahrelang nur von wenigen Mönchen bewohnt. Im Jahr 1982 wurde der Tempel durch den Film Shaolin Temple mit Jet Li im Westen plötzlich bekannt und für den Tourismus entdeckt. Daraufhin ließ die chinesische Regierung den Tempel wieder aufbauen und den Mönchen wurde die Ausübung ihrer Religion gestattet. Im Jahre 1999 wurde der Betmönch Shi Yong Xin als Abt des Klosters inthronisiert. Neben zahlreichen Aktivitäten zur Wiederbelebung der Kultur der Shaolin machte er auch durch den hoch umstrittenen Abriss von "Shaolin Village" von sich reden. Bis 2001 waren in der direkten Umgebung des Tempels zahlreiche Kampfkunstschulen zu finden, die nur wenig Verbindung zum Tempel hatten, sich aber mit dem Namen "Shaolin" schmückten. Dies förderte einerseits die Bekanntheit des Tempels, aus Sicht des Abtes Shi Yong Xin schädigte es aber die traditionellen Werte. Im Einverständnis mit der Regierung der Volksrepublik China ließ er im September 2001 fast alle Wushu-Schulen in Shaolin abreißen. Die betroffenen Schulen wurden zwar mit entsprechenden Grundstücken im nahegelegenen Deng Feng entschädigt, viele Schulen wurden aber gegen ihren Willen vertrieben. Deren Grundstücke wurden zu einem guten Teil zu Feldern oder Grasflächen. Lediglich die staatliche Wushu-Schule "Wushu-Guan" durfte bestehen bleiben. Sie wurde u.a. dazu erbaut, um Ausländern Wushu-Unterricht zu geben.
Heute gibt es in der Umgebung von Shaolin 72 Wushu-Schulen mit ca. 30.000 Schülern. Die Schüler träumen davon ein zweiter Bruce Lee zu werden, in der Realität sind sie froh, einen Job als Bodyguard oder Wächter zu bekommen.

Unterhalb des Tempels liegt der Pagodenwald. Mit 220 Pagoden, errichtet von 791 - 1995 ist dies die größte Ansammlung von Pagoden in China. Es sind Grabmale von berühmten Mönchen und Äbten des Klosters. Es gibt Sammelgrabmale, diese haben eine offene Tür und Einzelmale, die eine geschlossene Tür aufweisen. Sehr gut kann man die Stilentwicklung durch die Geschichte hier studieren.

Wenn auch die Vorführungen der Kampfkunst guteinstudierte Shows sind, beeindrucken sie doch durch die Körperbeherrschung, die schon bei den Kleinsten zum Staunen sind.

Nach Handan, 18.07.07 (CHN)

Die Nacht wurde so, wie der Tag sie ankündigte: heiß und feucht, 30°C und 90% Luftfeuchtigkeit. Selbst unter einem feuchten Handtuch war es schwer einzuschlafen und wehe, man wachte wieder auf … Am Morgen hatte sich nichts geändert. Grau hing die tropische Dunstglocke tief am Himmel und nahm jede Sicht. So wurden die 380 Autobahnkilometer eine langweilige Angelegenheit.

Handan empfing uns um 16 Uhr mit völliger Dunkelheit. Ein plötzlicher Sturm brachte von irgendwoher Sand, den er durch die Stadt peitschte, die Sicht sank auf Null. An der Tankstelle segelte vom Nachbargebäude ein Dachteil auf uns zu, krachte zum Glück aber vorher auf den Boden. Wir machten, daß dort schleunigst wegkamen. Donner und Blitz unterstützten den Sturm, der immer größere Wassermassen vom Himmel schleuderte. Die Gullys konnten das Wasser nicht fassen und schnell stand die Stadt unter Wasser. Das Chaos war perfekt. Mit unserem Stellplatz vor dem Grand Hotel Handan war es nicht anders. Uns störte nur der Nebeneffekt dieses Chaos: das andauernde Hupen. Die Hupe ist der Hauptbestandteil des Autos, wichtiger als Bremsen. Sowie man kurz hinter oder neben einem Auto ist wird gehupt, nicht kurz sondern laaaaaange! Grauenhaft.

Aber etwas Gutes hatte das Gewitter doch: es wurde merklich kühler. Bei 25° kann man gut schlafen!

Nach Beijing, 19.07.07 (CHN)

Auf Grund der vor uns liegenden 500 km brachen wir eine halbe Stunde eher auf. Wir waren gut ausgeschlafen und gewappnet für die chinesischen Autofahrer. Doch die Praxis spottete jeder Beschreibung. Je näher wir Peking kamen, desto häufiger wurden die "Mafia"-Autos - dicke schwarze Limousinen mit dunklen Scheiben vom Audi A6 an aufwärts - und diese schienen einen Wettbewerb abzuhalten, wie man die sowieso schon nicht verwendeten Verkehrsregeln noch mehr umgehen kann. Es wurde ohne Verluste auf dem Standstreifen überholt, Slalomfahren auf den 2 bis 3 Fahrspuren mit Höchsttempo war normal. Als ein Mercedes S320 eine Vollbremsung machte, sich querstellte, um dann rückwärts zur Ausfahrt zurückzufahren, entgingen wir nur auf ein paar Zentimeter einer Massenkarambolage, in die mindestens fünf Wagen von uns verwickelt gewesen wären, die gefährlichste Situation auf dieser Reise bisher.

Die Einfahrt nach Peking war an sich unspektakulär. An einer Brücke, die nur eine Durchfahrtshöhe von drei Metern hatte, mußte unser Konvoi stoppen. Einige Wagen mußten zurücksetzen bis eine andere Fahrbahn eine höhere Durchfahrt sicherstellte. Dies teilte unsere Karawane, die einige Mühe hatte, wieder zusammenzufinden. Dabei wurde unsere Reihenfolge verändert, was Unsicherheit bei der Fahrweise zur Folge hatte, da man nicht sicher war, ob der ungewohnte Vordermann beim Abbiegen auch warten würde.

Aber wir kamen ohne Zwischenfälle ans Ziel, unser Hotel Zhong Yan, in dem wir für die kommenden sieben Nächte Quartier bezogen. Wir freuten uns auf die klimatisierten Zimmer - endlich einmal wieder ohne Schwitzen schlafen!

Ein erster Spaziergang am Abend führte uns am MacDonald vorbei, die Burger reizten uns nicht, vielmehr hatten es uns die Garküchen ein Stück weiter angetan. Bei Fleischspießen, Gemüse, Reis und Bier ließen wir es uns gut gehen und genossen das chinesische Treiben.



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