29. März: Nach Tegucigalpa
Der letzte Grenzübergang lag uns noch in den Knochen und der heutige sollte
noch schlimmer werden. Schon vor dem Morgengrauen hörten wir die LKWs vorbeidonnern.
Es hielt uns nicht im Bett.
Auf dem Weg zur Grenze aber begegneten wir keinem Auto, es kam uns auch
keines entgegen. Wo die wohl geblieben waren? An der Grenze dann kein Chaos,
fast gemütlich absolvierten wir die Stationen, eine paar "Helfer" versuchten
uns ein paar Dollar extra abzuluchsen, doch als sie merkten, dass wir nicht
zu betupsen waren, lief alles ganz harmonisch ab. Nach 90 Minuten waren
wir in Honduras.
Die Müllablagerungen bestimmten auf hier das Landschaftsbild und unterstrichen
die trostlose Trockenheit. Trockene, laublose Bäume, verbranntes Gras begleiteten
uns. Die Hitze ließ den Fahrtwind kochen. Der einzige Trost: wir stiegen
auf über 1.000 m und hofften dort auf etwas kühlere Temperaturen.
Schon vor der Grenze hatte Richard Motorprobleme, der Motor verbrauchte
zu viel Öl und hatte keine Leistung mehr. Wie immer war Christian zur Stelle
und schleppte ihn ab. Doch alle paar Kilometer mussten sie eine Pause machen:
bergauf wurde bei diesen Temperaturen Christians Motor zu heiß und musste
abkühlen, bergab wurden die Bremsen an Richards Fiat heiß. So wurden die
150 km bis Tegucigalpa zu einem anstrengenden Akt, den ich sehr gut nachempfinden
kann! In Tegucigalpa fanden sie eine Werkstatt, die einen kompetenten Eindruck
machte. Die Befürchtungen bestätigten sich, der Turbolader ist defekt. Der
morgige Tag muß zeigen, ob er zu reparieren, ein Ersatz hier zu bekommen
ist.
Wir quälten uns durch die Stadt, die bei uns ein wenig Unbehagen auslöste,
erinnerte sie doch ein klein wenig an La Paz. Sie liegt auf 1.300m Höhe
und hat innerhalb der Stadt einen Höhenunterschied von 400 m. Die "Häuser"
kriechen den Hang hinauf. Der Verkehr ließ den Osterverkehr schon ahnen,
auch die Polizei regierte darauf mit verstärkten Posten und zusätzlichen
Erste-Hilfe-Stellen. Stopp und Go den Berg hinauf, mein Auto kann das wieder!
Wir bezogen einen Luxusplatz in einem Park neben einem Schwimmbad. Irgendwo
gab es hier auch einen Zoo und das nächtliche Löwengebrüll in kühler Luft
unter einer warmen Decke ließ uns warme Schauer über Rücken rieseln.
30. März: Tegucigalpa
Tegucigalpa ist die Hauptstadt von Honduras und mit rund 1Million Einwohnern
auch die größte Stadt des Landes.
Bereits vor dem Auftauchen der ersten Spanier Mitte des 16. Jahrhunderts
war das Gebiet um Tegucigalpa besiedelt, und die Stadt trug auch bereits
ihren heutigen Namen. Trotzdem gilt der 29. September 1578 als der offizielle
Gründungstag. Zur Zeit der Eroberung durch die Europäer lebte das Volk der
Lenka in dem Gebiet. Ihre Sprache ist heute ausgestorben und es ist nur
sehr wenig über ihre Kultur bekannt.
Touristisch hat die Stadt wenig zu bieten. Im Zentrum befinden sich einige
alte Kirchen, so die renovierte Kathedrale zu St. Michael und die Los Dolores-Kirche,
an deren Verzierungen und Figuren der Einfluss indigener Völker sichtbar
ist. Ansonsten gibt die Stadt die Trostlosigkeit und Armut des Landes wieder.
Das Besondere ist der Name: Tegucigalpa - es klingt wie ein Zauber aus vergangener
Zeit.
Honduras gehört mit Guyana, Haiti und Nicaragua zu den ärmsten Staaten Lateinamerikas.
Über 80% der Bevölkerung leben an oder unterhalb der Armutsgrenze. Viele
Honduraner wandern deshalb jedes Jahr ins Ausland ab, vornehmlich in die
USA. Ihre Geldüberweisungen stellen einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar.
Neben diesem Einkommen sind die Textil-, Zucker- und Zigarettenindustrie
vorherrschend.
Vom 22. Oktober bis zum 8. November 1998 wütete der Hurrikan Mitch
in Mittelamerika, wobei mehr als 10.000 Menschen ums Leben kamen. Honduras
und Nicaragua waren die am schwersten vom Hurrikan getroffenen Länder. Es
ist unglaublich, in 1.300 m Höhe in einer Stadt zu stehen, dessen Fluss,
den wir heute als Bach erlebten, die Altstadt unter Wasser setzte. Vor der
Stadt sind die Behelfsunterkünfte für die Betroffenen von damals zu einer
Dauereinrichtung geworden.
31. März: Nach Pulhapanzak
Die Kieferwälder, deren würziger Duft uns schon auf unserem Übernachtungsplatz
eingehüllt hatte, begleiteten uns auch heute durch die Berge. Die vermehrten
Polizei- und Erste-Hilfe-Posten erwiesen sich heute als dringend notwendig.
Die Honduraner fahren auch sonst wie die Henker, in dieser Santa Semana
scheinen Alle die Auto fahren, die schon mal in einem Auto gesessen haben.
Blindes Überholen in Kurven ist an der Tagesordnung. Wir kamen an einem
Unfall vorbei, bei dem ein PKW frontal in einen Bus gerast ist. Drei Tote.
In dem Unfallstau hatten wir ausreichend Gelegenheit, uns mit zwei Deutschen
zu unterhalten, die mit dem Fahrrad von Alaska nach Feuerland unterwegs
sind. Bis hierher brauchten sie 11 Monate. Wie viel sie bis Feuerland noch
brauchen wissen sie nicht. Hochachtung!
Je tiefer wir kommen, desto mühsamer können die Bäume sich gegen die Hitze
wehren. Wir sehen nebeneinander Bäume, die alles Laub abgeworfen haben und
die noch in voller Blüte stehen. Jahreszeiten, oder gar eine Ruhezeit, kennen
sie nicht.
Wir durchfahren eine Senke und erwarteten grüne Flächen und Viehzucht, doch
alles war trocken. Erst am Lago Yojoa ändert sich die Landschaft. Üppige
tropische Vegetation säumte die Straße. Zufriedene Kühe kauten gemütlich
unter schattenspendenden Bäumen. Auch wir fanden ein schattiges Plätzchen
für die Nacht.
Von weitem hörten wir die Cataratas de Pulhapanzak. Ein Spaziergang zu diesen
Wasserfällen durfte nicht fehlen.
01. April: Nach Copánruinas
Der Rückweg zur Hauptstraße führte uns durch ein Stück Nebelwald und landwirtschaftlich
genutzte Flächen. Hier schien Honduras noch in Ordnung zu sein. Betriebsamkeit
in den Dörfchen, keine herumhängenden Menschen. In den Minisupermercados
bekam Gil alles, was unser Herz begehrte und uns wurden so große Einkaufsmalls
erspart, zu denen wir in größere Städte hätten fahren müssen. Wir folgten
erst dem Rio Uluha, dann dem Rio Camelecon. Die Straße überquerte in ihrem
weiteren Verlauf die 1.000 m Höhenmarke, doch auf die vor Hitze flimmernde
Luft hatte das keinen Einfluß.
Die Ostertage und die Temperaturen hatten der Waterworld-Anlage bei Copán
große Menschenmassen beschert, so dass für uns kein Platz mehr war, doch
wir waren auf mit dem kleinen Hotelpool zufrieden. Im Wohnmobil war es zu
heiß, so dass wir noch lange bei kühlem Bier draußen zusammen saßen. Ein
Hoch auf den Kühlschrank!
02. April: Die Ruinen von Copán
Karfreitag. In Copán startete die große Prozession um 9 Uhr. Busse brachten
uns in das beschauliche Städtchen und wir verfolgten eine Weile das Spektakel,
doch die 14 Stationen den Berg hinauf schenkten wir uns bei der Hitze. Die
wurde zu Mittag unerbärmlich, doch wir wollten ja die Maya-Ruinen von Copán
besichtigen
Copán war zur klassischen Maya-Zeit einer der bedeutendsten Stadtstaaten.
Heute ist die kleine Stadt San José de Copán im Westen von Honduras der
Ort einer der wichtigsten und ausgedehntesten Ausgrabungsstätten der Maya-Hochkultur.
Das Königreich Copán wurde ca. 160 gegründet. In der Blütezeit zwischen 695
und 763 schufen die besten Bildhauer, Baumeister, Kalligraphen und Kunsthandwerker
der Zeit prächtige Tempel, Pyramiden, Altäre, den zweitgrößten Ballspielplatz
der Maya-Kultur sowie fein ziselierte Stelen und Reliefs. Auch entstand
in dieser Zeit die monumentale Hieroglyphentreppe, das größte Schriftwerk
der Maya, das aus mehr als 2200 Schriftzeichen besteht. 822 bestieg der
letzte König von Copán, U Kit Took', den Thron. Wenig später wurde die Stadt
aufgegeben. Innerhalb von lediglich 200 Jahren entvölkerte sich das Tal
von Copán weitgehend und der Dschungel überwucherte die einst prächtige
Stadt.
Trotz Überlieferungen konnten die spanischen Eroberer Copán nie finden.
Erst 1834 wurde Copán vom Obersten und Forschungsreisenden Juan Galindo
wiederentdeckt. Ende 1839 kam der Forschungsreisende John Lloyd Stephens
nach Copán und fand die gesamte Stadt vom dichten Dschungel überwuchert.
Erst nach mühsamer Freilegungsarbeit durch einheimische Arbeiter konnten
Stephens, der die Ruinenstadt für nur 50 US-Dollar den Indígenas abkaufte,
mit Vermessung und Skizzierung der Ruinen beginnen.
Der Hurrikan Mitch wütete 1997 so stark, so dass der am Städtchen Copán
Ruinas vorbeifließende Fluss weit über seine Ufer trat und einige Pyramiden,
Wohnhäuser und Grabstätten freilegte.
Seit 1980 gehört Copán nach Unesco-Deklaration zum Weltkulturerbe der Menschheit
Wir konnten die Tempel und Stelen bewundern, wandelten ehrfürchtig auf den
Wegen der Maya, stellten uns die Opfer vor und erlebten im Geiste ein Ballspiel
auf dem großen Spielfeld. Mit Röntgenaugen versuchten wir die Hügel zu durchdringen,
die noch auf ihre Ausgrabung warteten. Wir wären gerne noch länger geblieben,
doch die Hitze machte uns zu schaffen. Fast 40° im Schatten und kein Wind,
das schlaucht!
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